HV Commerzbank am 19.Mai: Nach "Zwangsfusion" - erster Show-down einer Bank mit den Anlegern ihrer offenen Immobilienfonds? - Wie geht es mit der Asset-Klasse der offenen Immobilienfonds weiter?
Geschrieben am 18-05-2010 |
Berlin/Frankfurt (ots) - Auf der Hauptversammlung am 19. Mai 2010 in Frankfurt wird sich der Vorstand der Commerzbank misstrauischen Fragen erboster Anleger des offenen Immobilienfonds hausInvest Europa stellen müssen. Hintergrund ist die "Zwangsfusion" dieses Fonds mit seinem kleineren "Schwesterfonds" hausInvest Global. Beide Fonds sind offene Immobilienfonds der Commerz Real, doch gilt der hausInvest Europa als solide, wogegen der hausInvest Global mit gravierenden Schwierigkeiten zu kämpfen hat. Über die Hälfte seines Immobilienbestandes liegt in Ländern, die von der Finanzkrise besonders betroffen sind, und überdies laufen eine Vielzahl von Mietverträgen in diesem und im nächsten Jahr aus. Auch Liquiditätsdecke und Performance waren deutlich schwächer als in der "großen Schwester" hausInvest Europa.
Thomas Lippert, Aktionsbund Aktiver Anlegerschutz e.V.: "Der Verdacht lautet: Muss der hausInvest Europa Schwierigkeiten seines kleinen "Schwesterfonds" hausInvest Global auffangen? Stehen dort Nachmieter zur Verfügung? Oder sollen die Anleger des stabilen hausInvest Europa Vermietungsprobleme ihres Schwesterfonds übernehmen?"
Kerstin Kondert, Aktionsbund Aktiver Anlegerschutz e.V.: "Neben diesen sachlichen Bedenken stört auch die Erhöhung der Gebühren im hausInvest Europa, die parallel umgesetzt werden soll bzw. in Teilen schon umgesetzt wurde. Auch hier besteht der beunruhigende Eindruck, dass nachteilige Eigenschaften des hausInvest Global nun auf den hausInvest Europa übertragen werden."
Die Rolle der Commerzbank AG: Wessen Interessen werden vertreten?
Ein besonderes Augenmerk richtet sich auf die Rolle der Commerzbank AG: Sie ist nicht nur (mittelbare) Konzernmutter der Commerz Real Investmentgesellschaft mbH, die die beiden Fonds verwaltet; sie ist daneben auch Depotbank der beiden Fonds. D.h. sie verwahrt das Vermögen beider Fonds und schützt es so vor Veruntreuung und Insolvenz der Fondsemittenten. Eine ehrenwerte und wichtige Funktion, die aber entsprechend strengen gesetzlichen Vorgaben unterliegt.
Die gesetzlichen Pflichten der Depotbank
Als Depotbank hat die Commerzbank strenge gesetzliche Regelungen zu beachten. Das Investmentgesetz verpflichtet die Depotbank ausdrücklich zur Vermeidung von Interessenkollisionen. Gemäß § 22 Abs. 1 S. 1 InvG hat die Depotbank "ausschließlich im Interesse der Anleger" zu handeln. Soweit eine Depotbank die Interessen mehrerer Fonds wahrnimmt, hat sie im Interesse der Anleger des jeweils betroffenen Fonds zu handeln. Das heißt: Sowohl die Anleger des hausInvest Europa als auch die Anleger des hausInvest Global dürfen auf die Fürsorge und den Schutz der Commerzbank vertrauen. Und zwar uneingeschränkt - es gibt keinerlei Relativierung des Pflichtenkreises aufgrund anderweitiger Interessen.
Da muss sich die Commerzbank die Frage gefallen lassen: Ist sie tatsächlich in der Lage, mit der gebotenen Eindeutigkeit die Interessen der Anleger beider Fonds wahrzunehmen? Auch dann, wenn sie gegeneinander gerichtet sind? Oder wenn sie gar gegen die Interessen des Mutterhauses verstoßen? Vor allem: Werden die Interessen der Anleger des vergleichsweise "gesunden" hausInvest Europa angemessen geschützt? Oder wird der Wert des hausInvest Europa verwässert, weil ihm die Probleme seines kleinen "Schwesterfonds" aufgeladen werden?
Die personelle Besetzung der Aufsichtsgremien der beiden Fonds spricht nicht dafür, dass die erforderliche Unabhängigkeit gegeben ist. Sowohl der Aufsichtsrat des hausInvest Europa als auch der Aufsichtsrat des hausInvest Global sind Commerzbank- bzw. Eurohypo-dominiert. Die Aufsichtsratsmitglieder Klösges/Dr. Schmittmann/Knobloch, Dr. Reitmeyer, Dr. Dietz, Fischedick, Dr. Bley/Köntgen lassen sich jeweils einem der beiden Institute zuordnen, dieser Phalanx des "Mutterhauses" steht nur ein einziges externes Mitglied gegenüber.
Rechtsanwalt Dr. Wolfgang Schirp, Vertragsanwalt des Aktionsbund Aktiver Anlegerschutz: "Wir werden das Verhalten der Commerzbank sehr genau beobachten. Unsere Mandanten im hausInvest Europa erwarten, dass ihre Interessen korrekt wahrgenommen und geschützt werden. Sollte dies nicht der Fall sein, werden wir rechtlich vorgehen. ."
Der Hintergrund - die Krise der offenen Immobilienfonds
Zur Zeit überschlagen sich bei den offenen Immobilienfonds die Ereignisse. Möglicherweise erleben wir den Zusammenbruch einer ganzen Assetklasse. Seit Oktober 2008 mussten insgesamt 12 offene Immobilienfonds schließen, d.h. die Rücknahme von Anteilen einstellen. Zur Zeit sind noch neun Fonds geschlossen. Damit sind rund 20 Milliarden Euro Anlegergelder blockiert. Das sind 22 % des gesamten Volumens der offenen Immobilienfonds. Und diese Zahl macht das Problem drastisch klar. Insgesamt sind 90 Milliarden Euro in offene Immobilienfonds investiert.
Die ganze Branche wartete gespannt auf den Oktober 2010. Das Investmentgesetz erlaubt eine Schließungsdauer von maximal 2 Jahren. Im Oktober müssen demnach mehrere Fonds wieder öffnen. Dann ist der Augenblick der Wahrheit gekommen. Es ist schon fraglich, ob das überhaupt gelingt - in jedem Fall wird mit erheblichen Abwertungen gerechnet. Einen Vorgeschmack darauf bot die Abwertungen des Degi Global Business um 22 % im Februar des Jahres, die die Anleger knapp 70 Mio. Euro kostete.
Wie der Springteufel aus der Kiste kam das Finanzministerium mit seinen Vorschlägen, die offenen Immobilienfonds stärker zu regulieren. Lange Kündigungsfristen, feste Rücknahmetermine, Abwertungen etc rütteln an den Grundfesten der Fonds. Aber hat das Ministerium die richtigen Maßnahme vorgeschlagen?
Dazu Thomas Lippert: "Charakteristisches Merkmal eines offenen Immobilienfonds ist eben, dass der Anleger jederzeit zu einem feststehenden Kurs seine Anteile zurück geben und sein Geld wieder herausziehen kann. Die Vorschläge des Finanzministeriums vertragen sich hiermit überhaupt nicht - wir lehnen sie entschieden ab."
Die Experten des Aktionsbundes Aktiver Anlegerschutz e.V. sind nicht überrascht, dass es nach Schäubles Vorstoß zu weiteren Fondsschließungen kam, weil vorsichtige Anleger ihr Geld abziehen wollten. Dazu Kerstin Kondert: "Natürlich sind die Probleme der offenen Fonds zum großen Teil hausgemacht. Über Jahre wurde das Immobilienvermögen der Fonds durch Gutachter hoch geschrieben. So verlief die Wertentwicklung der offenen Immobilienfonds einzigartig, nämlich immer nur bergauf. Die Fonds sind von den Schwankungen der letzten Jahre in der Immobilienbranche - angeblich - völlig unberührt geblieben. Das kann nicht sein. Dennoch: Es hilft niemandem weiter, wenn nun noch von politischer Seite Panik in den Markt hinein getragen wird."
Sehr vorsichtig sollten die Banken sein, die über Jahrzehnte an dieser Produktkategorie hervorragend verdient haben. Dies betrifft keineswegs nur die Commerzbank - auch andere deutsche Großbanken sind betroffen. Dr. Wolfgang Schirp sieht einen spezifischen Ansatzpunkt über die Pflichten, die diese Banken als Depotbanken treffen: "Geschädigte Anleger können sich nicht nur bei den Banken, die ihnen die Anteile vermittelt haben, schadlos halten. Auch gegen die Depotbanken können Schadenersatzansprüche bestehen, wenn diese nicht ausschließlich die Interessen des jeweiligen Fonds und seiner Anleger dienen. Der Aktionsbund Aktiver Anlegerschutz e.V. bündelt zusammen mit uns die Interessen der geschädigten Anleger und schaut den Banken auf die Finger."
Originaltext: AAA-Aktionsbund Aktiver Anlegerschutz Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/56610 Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_56610.rss2
Pressekontakt: Aktionsbund Aktiver Anlegerschutz e.V., Thomas Lippert (Vorstandsvorsitzender) und Kerstin Kondert (Vorstand), Tel. 030-31519340 sowie 0178-5538572 (Lippert) und 0172-3230077 (Kondert), e-mail: lippert@aktionsbund.de und kondert@aktionsbund.de, URL: www.aktionsbund.de
Schirp Schmidt-Morsbach Neusel Rechtsanwälte, handeln durch Dr. Wolfgang Schirp und Tibet Neusel, Tel. 030-3276170 sowie 0179-5320213 (Dr. Schirp) und 0175-1919841 (Neusel), e-mail: schirp@ssma.de und neusel@ssma.de, URL: www.ssma.de
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