Südwest Presse: Kommentar zur Freizeitbranche
Geschrieben am 25-08-2006 |
Ulm (ots) - Als der damalige Bundeskanzler Helmut Kohl vom "kollektiven Freizeit-Park Deutschland" sprach, tat er dies nicht als oberster Tourismus-Werber des Landes, sondern als Mahner vor volkswirtschaftlich schädlicher Arbeitszeitverkürzung. Das war, wenngleich polemisch zugespitzt, in der Sache durchaus richtig. Ebenso richtig ist aber auch, dass die reichliche Freizeit, über die der moderne Mensch verfügt, ein ökonomisch bedeutungsvoller Wirtschaftsfaktor ist. Ob die Branche mit angeblich mehr als sechs Millionen Beschäftigten der größte Arbeitgeber im Land ist, mag statistisch fragwürdig sein - andere führen hier den Gesundheitsbereich ins Feld. Unbestritten und bedeutender ist die Ableitung, dass auch in Deutschland die Arbeit nie ausgehen wird, wie dies Schwarzmaler weiszumachen versuchen. Der Verlust an industriellen Arbeitsplätzen, den Rationalisierung und weltweite Arbeitsteilung mit sich bringen, muss nicht zwangsläufig in jene Massenarbeitslosigkeit führen, unter der das Land noch immer leidet. Die wachsende Bedeutung der Freizeitbranche ist ein Ausdruck für den Entwicklungsprozess in der Gesellschaft. Ein immer größerer Teil des Sozialproduktes stammt dabei aus dem Dienstleistungsbereich. Die Sorge, die Industrie könnte ganz verschwinden, ist dennoch unbegründet: Niemand auf der Welt exportiert mehr Waren als Deutschland.
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