Börsen-Zeitung: Verlängerung im Poker, Kommentar von Annette Becker zu den schwierigen Rettungsversuchen bei Karstadt
Geschrieben am 08-06-2010 |
Frankfurt (ots) - Der Kaufvertrag zwischen dem Insolvenzverwalter
von Karstadt und dem Investor Nicolas Berggruen ist unterzeichnet.
Gerettet ist die seit einem Jahr im Insolvenzprozess steckende
Karstadt Warenhaus GmbH damit jedoch noch nicht, denn das
Vermieterkonsortium Highstreet, dem das Gros der Warenhausimmobilien
gehört, droht Widerstand an.
Unter Führung von Goldman Sachs und dem italienischen Unternehmer
Maurizio Borletti hatte Highstreet selbst ein Kaufangebot für den
insolventen Warenhausbetreiber abgegeben. Die Offerte fiel im
Gläubigerausschuss jedoch durch. Der Grund: Die
Investitionsbereitschaft war bei Highstreet nicht oder zumindest
nicht in ausreichendem Umfang vorhanden. Zudem wollte Highstreet
weitere Zugeständnisse von den Beschäftigten erzwingen. Ein "No go"
aus Sicht von Verdi.
Nun ist der Katzenjammer groß. Highstreet sei über die
vermeintlich klaren Aussagen des Insolvenzverwalters vom Montagabend
verwundert, da es in Kernfragen offenkundig keine Einigung gebe,
lassen die Immobilieninvestoren wissen. Karstadt lasse sich nur mit
einem Business-Plan retten, den alle Beteiligten unterstützen, werden
Zweifel an der Tragfähigkeit des Berggruen-Konzepts geschürt. Dass
sich neun der elf Mitglieder des Gläubigerausschusses am Vortag für
das Kaufangebot des deutsch-amerikanischen Investors aussprachen,
während die Offerte von Highstreet als erste aussortiert wurde, ficht
die Investmentbanker und ihre Investoren offenbar nicht an. Dabei
steht für sie besonders viel auf dem Spiel. Denn mit einer
Zerschlagung der Warenhauskette blieben die Vermieter auf einer Reihe
leer stehender Warenhausimmobilien sitzen.
Soweit ist es jedoch noch lange nicht, wird das Amtsgericht die
Entscheidung über den Insolvenzplan angesichts der aufschiebenden
Bedingungen im Kaufvertrag doch mutmaßlich verschieben. Denn würde
der Plan trotz der einschränkenden Bedingungen genehmigt und am Ende
keine Einigung zwischen Berggruen und den Vermietern erzielt, fiele
das gesamte Sanierungskonzept in sich zusammen.
Gleichwohl sollte Berggruen die Einwände von Highstreet nicht auf
die leichte Schulter nehmen. Seit dem Hertie-Desaster ist klar, dass
sich Vermieter nicht in jedem Fall dem Druck von außen beugen. Der
Poker um Karstadt geht letztlich nur in die nächste Runde.
(Börsen-Zeitung, 9.6.2010)
Originaltext: Börsen-Zeitung
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