Börsen-Zeitung: Wiener Kongress, Kommentar zum Frühjahrstreffen des Weltverbandes der Banken von Claus Döring
Geschrieben am 09-06-2010 |
Frankfurt (ots) - Das Misstrauen unter den Banken strebt einem
neuen Höhepunkt entgegen, wie die Zuspitzung am Interbankenmarkt
zeigt, und "der Kongress tanzt" - pardon, es treffen sich die
Bankenchefs der Welt in der Wiener Hofburg zu Stelldichein,
Plauderrunde und Gruppenfoto. Was haben seit Ausbruch der Finanzkrise
vor drei Jahren der Weltbankenverband IIF wie auch nationale Verbände
nicht alles an klugen Papieren zu Reformen des Marktes und nötigen
Änderungen in den Verhaltensweisen produziert. Doch während sich
heute Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann als IIF-Präsident und seine
Bankerkollegen Roberto Setubal (Itau Unibanco), Francisco González
(BBVA), Stephen Green (HSBC) und Peter Sands (Standard Chartered) in
der "IIF Leadership Press Conference" zu Finanzkrise und
Weltwirtschaft äußern, trauen sich ihre Geldhändler in Europa
gegenseitig nicht über den Weg.
Die Banken in Euroland bunkern ihre von der Notenbank beschaffte
Liquidität lieber über Nacht auf deren Konto, als es sich gegenseitig
zu leihen. Mit mehr als 360 Mrd. Euro hat diese sogenannte
Einlagefazilität Rekordvolumen erreicht. Die Länderratings sind auf
die Bonitätsbeurteilungen der Banken übergeschwappt, an Geld kommen
nur noch erste Adressen. Suchten vor einigen Wochen noch griechische
Banken am Markt vergeblich um Liquidität nach, sind es nun spanische
Institute der zweiten Reihe, die ohne Hilfe der Notenbank vor dem
Kollaps stünden.
Da es Solidarität unter den Banken allenfalls in Sonntagsreden und
zur Abwehr von Regulierung gibt, bleiben nur zwei Auswege. Entweder
jene Länder, deren Rating und zu hohe Staatsverschuldung die
nationalen Banken in die Bredouille bringen, helfen ihren Instituten
aus der Patsche, zur Not durch Verstaatlichung, oder die Banken
räumen endlich ihre Bilanzen auf. Dort schlummern nach
Notenbankschätzungen noch 200 Mrd. Euro Wertberichtigungsbedarf.
Solange diese Drohverluste in den Büchern stehen, wird das Vertrauen
nicht zurückkehren.
Anstatt über Regulierung von morgen und über wirtschaftspolitische
Koordinierung in Euroland zu debattieren - mit dem griechischen
Ministerpräsidenten Papandreou als Ehrengast des Abschlussdinners,
welch Ironie! -, sollten die in Wien versammelten Spitzenbanker vor
der eigenen Haustüre kehren und ihre Bilanzen säubern.
Originaltext: Börsen-Zeitung
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