Bundeskartellamt-Präsident Mundt im MedienWirtschaft-Interview: "Eine Aufweichung der Pressefusionskontrolle halte ich weder für erforderlich noch für zielführend"
Geschrieben am 28-06-2010 |
Hamburg (ots) - Andreas Mundt, seit Anfang 2010 Präsident des
Bundeskartellamts mit Sitz in Bonn, äußert sich im Interview mit
MedienWirtschaft - Zeitschrift für Medienmanagement und
Kommunikationsökonomie (2/2010) erstmalig seit seinem Amtsantritt
ausführlich zu den neuralgischen Punkten des deutschen
Medienkartellrechts. Er verteidigt darin - ebenso wie seine Vorgänger
Bernhard Heitzer und Ulf Böge - energisch die von vielen
Marktteilnehmern häufig als harte Linie empfundene Fusionskontrolle
durch das Bundeskartellamt: "Eine Aufweichung der
Pressefusionskontrolle halte ich weder für erforderlich noch für
zielführend."
Mundt stellt sich damit auch gegen Bundeskanzlerin Angela Merkel,
die den Verlagen weiterhin eine Entschärfung des Pressefusionsrechts
noch in dieser Legislaturperiode in Aussicht gestellt hat. Zwar sei
angesichts des strukturellen Wandels, bedingt durch das veränderte
Mediennutzungsverhalten, mit einer Zunahme von Fusionen oder auch
Kooperationen unter Medienunternehmen zu rechnen. Bezogen auf die
deutsche Presselandschaft aber sagt Mundt: "Das wirtschaftliche
Überleben der Verlagshäuser ist meines Erachtens in Deutschland nicht
in Frage gestellt." Den deutschen Zeitungen gehe es - auch aufgrund
der vergleichsweise geringeren Abhängigkeit vom Werbemarkt - viel
besser als vergleichbaren Zeitungen in den USA. Das zeige sich auch
daran, dass die Titelzahl hierzulande in den vergangenen zehn Jahren
stabil geblieben sei. Dazu beigetragen haben, laut Mundt, "die
Bemühungen, sich zu Medienhäusern zu entwickeln, die die
verschiedenen Mediengattungen unter einem Dach vereinen."
Einheitliche Werbemärkte für Zeitungen und Internetwerbung will Mundt
derzeit aber noch nicht konstatieren. "Bislang haben wir eher eine
komplementäre Nutzung von Tageszeitung und Internet durch die
Werbewirtschaft festgestellt". Ausnahmen seien lediglich die
Immobilien-, Auto- und Stellenanzeigen.
Während sich im Bereich der Pressefusionskontrolle gerade die
kleineren Verlage gegen eine Anhebung der Umsatzschwelle um über 50
Millionen Euro aussprechen - aus Furcht, sie könnten ohne
hinreichenden Fusionsschutz Opfer eines zerstörerischen Wettbewerbs
werden - vertreten die großen Verlage eine andere Position: Sie
behaupten, die kleineren Verlage seien unter den veränderten
intermedialen Bedingungen auf Dauer ohnehin nicht überlebensfähig.
Dazu Mundt: "Es gibt in der Tat zu denken, wenn Vertreter der
Großverlage die kleinen Lokalzeitungen als Todgeweihte hinstellen,
diese aber von sich selbst sagen, sie seien quicklebendig und
vielleicht sogar krisenrobuster als die Großverlage selbst." Gerade
aus diesem Grund sehe er keinen Bedarf für die Anhebung der
Aufgreifkriterien der Pressefusionskontrolle.
Die Untersagung der Übernahme der ProSiebenSat.1-Gruppe durch Axel
Springer im Jahr 2006 hält Mundt auch im Rückblick für die richtige
Entscheidung - angesichts der damaligen Marktgegebenheiten. Stünde
dieses Fusionsvorhaben heute wieder auf der Agenda, müsse man erneut
prüfen: "Natürlich gilt, das wir jede Fusion vor dem Hintergrund der
aktuellen wettbewerblichen Umstände umfassend prüfen und bewerten",
sagt Mundt. In wichtigen Entscheidungsaspekten sieht Mundt allerdings
keine Änderungen der Lage: "Seit 2006 hat sich die Welt
fortentwickelt. Dass sich aber z. B. auf dem Lesermarkt für
Straßenverkaufszeitungen wesentliche Veränderungen ergeben hätten,
kann ich nicht erkennen. Wenn eine sehr starke Markstellung verstärkt
wird, dann liegen wettbewerbliche Probleme auf der Hand", so Mundt.
Etwaige Hoffnungen auf Seiten des Springer-Verlags, dass ein erneuter
Übernahmeversuch heute eher Chancen auf eine Genehmigung durch das
Bundeskartellamt hätte, nährt Mundt mit einer solchen Aussage nicht.
Das komplette Interview ist nachzulesen in MedienWirtschaft
2/2010. Unter dem Stichwort "Lockerungsübungen bei der
Pressefusionskontrolle?" nehmen außerdem der Vorsitzende der
Monopolkommission Prof. Dr. Justus Haucap und weitere Wissenschaftler
und Praktiker zur neuen Debatte um das Medienkartellrecht Stellung.
MedienWirtschaft - Zeitschrift für Medienmanagement und
Kommunikationsökonomie (ISSN 1613-0669, Jahresabonnement: 69 Euro
zzgl. Versandkosten und USt., Einzelheft: 20 Euro zzgl. Versandkosten
und USt.) erscheint viermal jährlich im New Business Verlag, Hamburg,
und beschäftigt sich inhaltlich mit aktuellen ökonomischen
Fragestellungen im Kontext von Medienunternehmen, Medienmanagement,
Medienökonomie und Telekommunikation. Als Zeitschrift der angewandten
Forschung wollen die Herausgeber unter der Chefredaktion von Prof.
Dr. Insa Sjurts, Hamburg Media School, sowohl Leser aus der
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mit jeweils zwei Gutachtern. So wird eine hohe inhaltliche Qualität
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Originaltext: Medienwirtschaft - Zeitschrift für Medienmanagement und Kommunikationsökonomie
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/71254
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Pressekontakt:
Medienwirtschaft - Zeitschrift für Medienmanagement und
Kommunikationsökonomie
Katrin Sassenhausen
Telefon: 040-609009-78
sassenhausen@new-business.de
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