Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zu den geplanten höheren Kassenbeiträge
Geschrieben am 02-07-2010 |
Bielefeld (ots) - Man kann verstehen, dass die schwarz-gelbe
Bundesregierung nicht auf neuen Streit aus ist. Geklappt hat wenig in
den vergangenen neun Monaten, doch Zwist hat es reichlich gegeben
zwischen CDU, CSU und FDP. Die Gesundheitspolitik machte da keine
Ausnahme. Im Gegenteil, hatten sich Liberale und Christsoziale in
diesem Zusammenhang doch wechselseitig als »Wildsäue« und
»Gurkentruppe« bezeichnet. Angesichts dieses unverschämten
Umgangstons mutet die Nachricht fast wie eine Wunderheilung an: Eine
Einigung der Koalitionäre, wie das für 2011 auf elf Milliarden Euro
taxierte Finanzierungsloch im Gesundheitswesen gestopft werden kann,
stehe kurz bevor. Wird jedoch Wirklichkeit, was sich mit der
Erhöhung der Beitragssätze um 0,6 Prozentpunkte konkret und der
»Ausgestaltung der Zusatzbeiträge« noch recht nebulös abzeichnet,
muss man doch eher von einer Not-OP sprechen. Es wäre kein gutes
Zeichen, wenn auch diese Regierung - wie viele vor ihr - die
strukturelle Therapie verweigert und lieber weiter an den Symptomen
herumdoktert. Das ist um so verhängnisvoller, als die Diagnose
bekannt ist. Wir haben es in Deutschland - zum Glück! - mit einer
immer älter werdenden Gesellschaft, aber - leider! - auch mit immer
weniger Erwerbstätigen und so bei einem stetig wachsenden
medizinisch-technischen Fortschritt mit ständig steigenden Ausgaben
im Gesundheitswesen zu tun. Selbst der Krankheitsverlauf ist klar:
Ohne Systemwechsel werden die Beiträge stetig steigen. Das belastet
entweder weiter die Arbeitnehmer allein - was kaum noch zu
rechtfertigen wäre - oder aber Arbeitnehmer und Arbeitgeber anteilig.
Im letzteren Fall verteuert sich der Faktor Arbeit, was für die
Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft alles andere als
förderlich erscheint. Dass sich Union und SPD in der Großen Koalition
diesem Wissen zum Trotz nicht auf eine echte Gesundheitsreform
einigen konnten, durfte niemanden wundern. Zu weit lagen ihre
Konzepte von Kopfpauschale (Union) und Bürgerversicherung (SPD) im
Wahlkampf 2005 auseinander. Weicht nun auch Schwarz-Gelb dem
Systemwechsel aus, hat das viel mit Horst Seehofer zu tun. Er trat im
November 2004 genau deswegen als stellvertretender Vorsitzender der
CDU/CSU-Bundestagsfraktion zurück. Nun fährt der CSU-Vorsitzende,
flankiert von seinem bayerischen Gesundheitsminister Markus Söder,
aufs Neue einen Konfrontationskurs gegen den Einstieg in ein
Prämienmodell. Leidtragende sind vor allem Bundesgesundheitsminister
Philipp Rösler und seine FDP. Wenn CDU und Liberale gegen ihre
Überzeugung vor dieser bayerischen Opposition in der Regierung
kuschen, mag das aktuell dem Überleben der Koalition dienlich sein.
Der Zukunft des Gesundheitssystems nützen solche Kompromisse um des
lieben Friedens Willen allerdings genauso viel wie unnützer Streit
der Regierung - nämlich nichts.
Originaltext: Westfalen-Blatt
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Pressekontakt:
Westfalen-Blatt
Nachrichtenleiter
Andreas Kolesch
Telefon: 0521 - 585261
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