Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zur Bundeswehr
Geschrieben am 23-08-2010 |
Bielefeld (ots) - Eine freiwillige Pflicht gibt es nicht. Eine
allgemeine Wehrpflicht schon gar nicht, wenn mit 7500 jungen Männern
nur noch ein Bruchteil eines Jahrgangs tatsächlich etwas leisten
muss, was anderen erspart bleibt. Das Verteidigungsministerium hat
gestern die »Aussetzung« der Wehrpflicht vorgeschlagen. Die
Opposition hielt tapfer das Wort von der freiwilligen Wehrpflicht
dagegen - beides ist wenig sachdienlich. Verteidigungsminister
Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) will die Wehrpflicht nicht gänzlich
abschaffen. Er braucht die Möglichkeit, auch mehr als 7500 zum
»Freiwilligendienst« einzuziehen. Außerdem: Einige Unionsabgeordnete
kleben geradezu an dem Begriff »allgemeine Wehrpflicht«. Mag sein,
dass man sich auf diese Art auch andere politische Vorstöße via
Bundesverfassungsgericht glaubt ersparen zu können. Abwarten!
Zutreffender ist es, von 7500 Praktikanten in einer Berufsarmee aus
insgesamt 163 500 Männern und Frauen zu sprechen. Immerhin wird den
Soldaten auf Probe eine geringe Bezahlung und eine ordentliche
soziale Absicherung zuteil. Denn: Wehrsold, freie Heilfürsorge und
Versicherung sind in der Summe mehr, als viele junge Leute in
Industrie und Wirtschaft heutzutage akzeptieren müssen, um sich dort
hochzudienen. Weit mehr Konsequenzen für die Bundeswehr hat die
geplante Absenkung der Zahl der Berufs- und Zeitsoldaten von derzeit
knapp 190 000 auf 156 000. Guttenberg betont nicht ohne
Hintergedanken, dass Spielraum nach oben bleiben soll. Auch eine
Truppenstärke von 180 000 hält er für möglich, wenn genug Geld da
ist. Wenn es dennoch stimmt, dass er keine Bundeswehr nach Kassenlage
anstrebt, dann ist Guttenbergs Ziel eine Bundeswehr nach Bedrohungs-
und internationaler Auftragslage. Der Bundeswehrverband hat sofort
darauf hingewiesen, dass 7500 freiwillig Dienende nicht ausreichen,
um die erforderliche Regeneration in der Truppe - die Gewinnung von
Nachwuchs - zu gewährleisten. Die de facto-Halbierung des Heeres
bringt noch weitreichendere Probleme. Innerhalb der Truppe käme es zu
einem gewaltigen Beförderungsstau, weil weit weniger Vorgesetzte
benötigt werden. Im übrigen bedeuten Guttenbergs Überlegungen ein
brisantes Schließungsprogramm für zahlreiche Standorte und
Entlassungen auch bei den nachgeordneten Wirtschafts- und
Versorgungsbetrieben. Guttenbergs Reformvorschlag wäre
volkswirtschaftlich vergleichbar mit einer Schließung aller
Opel-Werke, ein Spuk, der uns zum Glück erspart geblieben ist.
Dennoch ist es kein Wunder, dass die Kanzlerin bis zu den Parteitagen
von CSU und CDU diskutieren lassen will, um sich erst Ende November
festzulegen. Beschlüsse im Bundestag fallen später und die, da darf
man sicher sein, werden noch manches weichspülen. Ganz klar: Alles
muss auf den Prüfstand, aber keine Angst vor Schreckgespenstern.
Originaltext: Westfalen-Blatt
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Pressekontakt:
Westfalen-Blatt
Nachrichtenleiter
Andreas Kolesch
Telefon: 0521 - 585261
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