Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zur Bankenabgabe
Geschrieben am 25-08-2010 |
Bielefeld (ots) - Marktwirtschaftlich ist das nicht, was die
Bundesregierung gestern unter dem Stichwort Bankenabgabe auf den Weg
gebracht hat. Und trotzdem ist das geplante Gesetz richtig: Denn um
die Marktwirtschaft abzusichern, muss der Staat bei systemrelevanten
Banken auch schon vor der Insolvenz und gegebenenfalls auch gegen den
Willen der Eigentümer eine Sanierung durchsetzen, sie gegebenenfalls
sogar zerschlagen und abwickeln. Am 10. September jährt sich der
Untergang der US-Bank Lehman Brothers zum zweiten Mal. So kurz kann
kein Gedächtnis sein, dass sich nicht auch die Kritiker des Gesetzes
daran erinnern, dass damals nicht etwa der Einlagensicherungsfonds
der Geldwirtschaft, sondern das Wort der Bundeskanzlerin die
Finanzbranche vor dem totalen Crash bewahrt hat. Bezahlt werden die
Folgen des Versprechens von der Gesamtheit der Steuerzahler. Diese
hat ein Recht darauf, dass das Mögliche getan wird, um eine
Wiederholung dieser Situation zu verhindern. Das englische Wort Crash
heißt Unfall. Ein Blick auf den Umgang mit sonstigen Unfällen - ob im
Straßenverkehr oder im Betrieb - zeigt: Es ist gute Tradition, die
Opfer davor zu bewahren, dass sie ein zweites Mal massiv Schaden
nehmen. Dies könnte geschehen, wenn der Verursacher unfähig ist, für
die Folgen seines Fehlverhaltens finanziell aufzukommen. Eine
zwangsweise Absicherung gegen einen Finanzcrash ist also vernünftig.
Und richtig ist es auch, dass die Institute je nach Gefahrenklasse -
sprich: Anlageverhalten - unterschiedlich zur Kasse geben werden.
Schließlich zahlt auch ein Smart-Fahrer, der sein Auto nicht verleiht
und nur selbst für kleine Stadtfahrten nutzt, geringere Beiträge als
der Besitzer eines Porsche, der sein schickes schnelles Fahrzeug gern
auch der Freundin und dem Sohn für Spritztouren quer durch
Deutschland und Osteuropa zur Verfügung stellt. Ebenso können
Unternehmen ihre Beiträge zur Betriebsunfallversicherung bekanntlich
dadurch reduzieren, dass sie Gefahrenquellen beseitigen. Die
Bankenabgabe wird allein gleichwohl einen neuen Crash nicht
verhindern. Dazu reicht realistischerweise die Summe der Beiträge,
die man den Banken ohne Schaden für die Wirtschaft abfordern kann,
nicht aus. So muss darüber hinaus zum Beispiel die Bankenaufsicht
personell aufgestockt und in die Lage versetzt werden, Risiken nicht
noch einmal so großzügig zu übersehen, wie zuletzt beispielsweise bei
der IKB-Bank. Crash verhindernd sind auch Vorschriften und Anreize
für die Institute, ihr Eigenkapital aufzustocken. Sicher möchte kein
Bankmanager gern einen staatlichen Aufpasser neben sich auf der Bank
sitzen sehen. Das Unbehagen an dieser Vorstellung könnte ja dazu
beitragen, dass es dazu nicht kommt. Die Einsicht, dass der Erhalt
der Bank und der Kundenbeziehung wichtiger ist als das letzte
Zehntelprozent Rendite, ist in den vergangenen zwei Jahren gewachsen.
Originaltext: Westfalen-Blatt
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Westfalen-Blatt
Nachrichtenleiter
Andreas Kolesch
Telefon: 0521 - 585261
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