VAA und Marburger Bund fordern Stopp des elektronischen Entgeltnachweises - ELENA "unrettbar verfassungswidrig"
Geschrieben am 22-09-2010 |
Berlin (ots) - Der Marburger Bund und die Führungskräfte Chemie
VAA fordern den Gesetzgeber auf, das Verfahren zum elektronischen
Entgeltnachweis (ELENA) zu beenden. Gestützt auf ein heute in Berlin
vorgestelltes Gutachten des vor wenigen Tagen verstorbenen
Staatsrechtlers Professor Dr. Heinrich Wilms vom Institut für Recht
und Politik der Arbeits-, Sozial- und Wirtschaftsbeziehungen an der
Zeppelin University Friedrichshafen, halten beide Verbände ELENA für
verfassungswidrig.
Das Bundesverfassungsgericht hat es in seiner gestrigen
Eilentscheidung zwar abgelehnt, die Anwendung des ab 1. Januar dieses
Jahres in Kraft getretenen ELENA-Gesetzes mit sofortiger Wirkung
auszusetzen. Die Entscheidung über einen Eilantrag sagt aber nichts
darüber aus, ob eine gesetzliche Regelung verfassungswidrig ist.
"Maßgeblich ist für das Gericht, dass die Daten erst ab 2012
abgerufen werden könnten. Das Gericht sieht also keine Gefahr im
Verzug, deutet aber verfassungsrechtliche Bedenken an", betonte
Professor Dr. Georg Jochum, Inhaber des Lehrstuhls für Öffentliches
Recht der Zeppelin University.
Betrachte man die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zur
Vorratsdatenspeicherung, so kollidiere ELENA in seiner derzeitigen
Form schon aus prinzipiellen Gründen mit der Verfassung. "Die
zentrale Erhebung, Speicherung, Verwendung und Weitergabe
personenbezogener Daten im ELENA-Verfahren greift in das Grundrecht
auf informationelle Selbstbestimmung der Dateninhaber ein. Dieser
Eingriff ist nicht gerechtfertigt und kann auch nicht gerechtfertigt
werden", erläuterte Jochum wesentliche Aussagen des Gutachtens seines
verstorbenen Kollegen Wilms.
Selbst wenn der Gesetzgeber formale Mängel beseitige, sei das
ELENA-Verfahrensgesetz und die dazu erlassene Durchführungsverordnung
"unrettbar verfassungswidrig". Jochum begründete dies u.a. mit dem
evidenten Verstoß gegen das Verbot der Vorratsdatenspeicherung.
Der 1. Vorsitzende der Führungskräfte Chemie VAA, Dr. Thomas
Fischer, nannte die zentrale Speicherstelle (ZSS) in Würzburg die
"gesamtdeutsche Superlohnbuchhaltung". Er kritisierte das Vorhaben
als "bedenklichen EDV-Feldversuch im Maxi-Maßstab". Er warnte vor
allem vor der zentralen Erfassung so sensibler Daten wie dem
Vorliegen einer Abmahnung oder den genauen Kündigungstatbeständen.
Die zentrale Verwaltung derartiger Daten für rund 40 Millionen
Beschäftigte sei offenkundig missbrauchs- und fehleranfällig. Sie
könne dem Fortkommen der betroffenen Arbeitnehmer erheblich schaden.
Auch der 1. Vorsitzende des Marburger Bundes, Rudolf Henke,
forderte ein "sofortiges Moratorium der gigantischen Datensammlung":
"Niemand, der jetzt in der Politik Verantwortung trägt, kann die in
dem Gutachten genannten verfassungsrechtlichen Einwände übergehen.
Insbesondere setzen wir auf den in der Sache zuständigen
Bundeswirtschaftsminister, seine Sensibilität für Bürgerrechte und
Bürokratieabbau und sein Engagement für den Mittelstand, das Rückgrat
unserer Wirtschaft", sagte Henke.
Originaltext: Marburger Bund - Bundesverband
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Pressekontakt:
Marburger Bund Bundesverband, Ref. Verbandskommunikation, Hans-Jörg
Freese (Pressesprecher), Tel. 030/746846-40
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