Westdeutsche Zeitung: Der Sieg des Terror-Paten = Von Alexander Marinos
Geschrieben am 10-09-2006 |
Düsseldorf (ots) - "Wir sind alle Amerikaner!" Das war unser spontaner Ausruf nach dem 11. September 2001. Wir spürten eine ebenso beklemmende wie zu Herzen gehende Nähe zu den Opfern, ohne schon zu wissen, dass dieser schlimmste Terroranschlag aller Zeiten nur der Auftakt war zu einer neuen Bedrohung - einer Bedrohung, die heute New York und Washington betraf, morgen aber Madrid, London oder Köln betreffen kann.
Die Solidarität zu den USA war einmütig, bis Präsident George W. Bush den "Krieg gegen den Terror" ausrief. Spätestens im März 2003, als die Amerikaner den Irak angriffen, kam die Wende: Aus Sympathie wurde Misstrauen. Wo schon vorher Skepsis war, blühte der Anti-Amerikanismus. Es ging ein Riss durch die Freundschaft zwischen den USA und dem "alten Europa". Damit war Osama bin Laden, der Pate des neuen Terrors, am Ziel. Er hatte gewonnen. Selbst wenn er jetzt, fünf Jahre danach, gefasst oder getötet würde: El Kaida als Idee lebt weiter wie ein Virus, der nicht mehr zu stoppen ist.
Wie sehr der Hauptfeind Bin Ladens, die USA, durch diesen Virus geschwächt wurde, zeigt sich heute mehr denn je. Als Reaktion auf den Terror ließ sich Bush innenpolitisch mit Sondervollmachten ausstatten, die mit rechtsstaatlichen Prinzipien nicht vereinbar sind. Außenpolitisch beschädigte er das Völkerrecht nachhaltig durch Missachtung.
Während Bin Laden weiter irgendwo seinen heißen Pfefferminztee mit Zucker genießt, unbehelligt, zufrieden, siegesgewiss, steht Bush vor den Trümmern seiner Politik. Das Gefangenenlager Guantanamo, der Folterskandal in Abu Ghraib, die Geheimgefängnisse der CIA und schließlich der "befriedete" Irak, der auf der Basis von Lügen angegriffen wurde und nun in den Bürgerkrieg abrutscht: All das hat moralische und damit auch faktische Autorität gekostet. Das Wir-sind-alle-Amerikaner kommt in Europa kaum mehr jemandem über die Lippen.
Viele reagieren mit Schadenfreude darauf, dass Bush nun wie ein Versager dasteht, und das ist emotional durchaus nachvollziehbar. Klug ist es indes nicht. Erstens kann niemand sagen, wie sehr sich deutsche Politik nach einem Terroranschlag bei uns radikalisieren würde. Zweitens hat die Schwäche Amerikas ein Vakuum erzeugt, in das viele neue Mittelmächte und Möchtegern-Großmächte drängen. Am Beispiel der Atom-Ambitionen Irans wird deutlich, wie lähmend sich diese Multipolarität auswirkt. Dabei steht die Weltgemeinschaft vor einer Herausforderung, die sie gerne verdrängt: Was ist, wenn Terroristen eines Tages über Massenvernichtungswaffen verfügen? Das könnte den 11. September noch in den Schatten stellen.
Originaltext: Westdeutsche Zeitung Digitale Pressemappe: http://presseportal.de/story.htx?firmaid=62556 Pressemappe via RSS : feed://presseportal.de/rss/pm_62556.rss2
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