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WAZ: Papst-Besuch beendet: Die Wandlung zum Freund der Menschen - Kommentar von Angelika Wölk

Geschrieben am 14-09-2006

Essen (ots) - Bayern im Papst-Rausch: Sechs Tage lang feierten die
Menschen Papst Benedikt wie einen Superstar. Sie bereiteten ihm einen
ergreifend warmherzigen Empfang. Und immer schwang auch ein bisschen
Wehmut, ein bisschen Rührung mit, denn dieser Besuch war für den
79-jährigen Mann zu allererst ein Heimatbesuch - wie er selbst
mutmaßt, vielleicht sein letzter.

Warmherzig, aufrichtig berührt, zeigte sich aber auch der Papst.
Er betörte durch seinen zurückhaltenden Stil und leise Töne. Er
verurteilt nicht, er mahnt, er maßregelt nicht, er wirbt für seine
Sicht des Glaubens. Wer hätte das von dem einstmals so strengen,
unnachsichtigen Glaubenspräfekten gedacht? Was man in Bayern erleben
konnte, das war die Wandlung vom kühlen Glaubenshüter zu einem Freund
der Menschen.

Aber der Besuch war nicht nur Heimatbesuch. Der Papst wollte
einem durch und durch säkular gewordenen Land auch neue
Glaubensimpulse mitgeben. Er tat das mit bemerkenswerter Klarheit.
Und er versuchte Antworten auf Fragen zu geben, die ihn seit Jahren
bewegen und die sich zu seinem großen Thema entwickeln: Es ist die
Frage, ob Glaube und Vernunft, ob Gott und Moderne, überhaupt
zusammenpassen. Ein Thema, mit dem sich die Kirche seit der
Aufklärung so unendlich schwer tut. Wenn auch die Antworten des
Papstes nicht jeden Zweifler überzeugen mögen, so wird Benedikt
dennoch diese Debatte neu entfachen und inspirieren. Für die Kirche
ist das eine große Chance, Glaubwürdigkeit, auch bei Intellektuellen,
zurückzugewinnen.

Eine andere Chance hingegen ließ der Papst leider ungenutzt. Er
hat keinerlei Reformen angedeutet, kein einziges Signal zur Ökumene
ausgesandt. Dabei sind die Erwartungen gerade bei der Ökumene
nirgendwo sonst so hoch wie im Land der Reformation. Doch der Papst
blieb vage. Für viele Christen war das tief enttäuschend.

Sechs Tage lang erreichten uns Bilder, die zeigten, dass die
katholische Welt in Bayern offenbar noch in Ordnung ist: Weihrauch,
lebendige Tradition, kraftvolle Choräle. Doch die freundlichen Bilder
können nicht darüber hinweg täuschen, dass Bayern nicht repräsentativ
ist für die Kirche.

Wohin aber der Papst diese Kirche führen wird, das blieb hinter
all der beeindruckenden Emotionalität undeutlich. In die
Vergangenheit, so viel ist wohl sicher, will er sie nicht treiben.
Aber in die Zukunft? Bisher ist das nicht mehr als eine fromme
Hoffnung. Aber was wäre das Christentum ohne Hoffnung?

Originaltext: Westdeutsche Allgemeine Zeitung
Digitale Pressemappe: http://presseportal.de/story.htx?firmaid=55903
Pressemappe via RSS : feed://presseportal.de/rss/pm_55903.rss2

Rückfragen bitte an:
Westdeutsche Allgemeine Zeitung
Telefon: (0201) 804-8972
zentralredaktion@waz.de


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