Berufsverband fordert Qualitätstest für die Soziale Arbeit / Ein-Euro-Jobs und Niedriglohnbeschäftigung senken Qualität sozialer Arbeit / Leitfaden gibt Tipps für Nutzer und Angehörige
Geschrieben am 15-03-2006 |
Essen (ots) - Gut ein Jahr nach Einführung der Ein-Euro-Jobs beklagt der Deutsche Berufsverband für soziale Arbeit (DBSH) einen massiven Qualitätsverlust in der Sozialarbeit und der Pflege. "Nach dem Motto "Geiz ist geil" sollen soziale Einrichtungen ihre Dienste nur noch möglichst billig anbieten", so die DBSH-Vorsitzende Hille Gosejacob-Rolf am. Seit zwölf Jahren steigen die Fallzahlen, während die Budgets nicht angehoben oder sogar abgesenkt würden.
In dieser Situation würden Ein-Euro-Jobber oder Niedriglohn-MitarbeiterInnen ohne entsprechende Ausbildung flächendeckend in Schulen bei der Hausaufgabenbetreuung, in Kindertagesstätten und in der Altenhilfe eingesetzt. Gleichzeitig steigt bei den Fachkräften die Arbeitslosigkeit, sie liegt beispielsweise bei Sozialarbeitern bei mittlerweile ca.10 %, mehr als das doppelte des Durchschnitts anderer akademischer Berufe. Diese Entwicklung ziehe sich durch alle Bereiche der sozialen Arbeit, sagte Gosejacob-Rolf. So werde in Duisburg ein Projekt zur Vermeidung von Obdachlosigkeit mit 15 Ein-Euro-Jobbern als «Sozialhelfer» betrieben. Dieses sollten mit den Betroffenen Probleme wie Wohnungssuche, Vereinsamung oder Tagesstruktur bearbeiten.
Ein Dumping der Qualität finde jedoch auch in der Pflege statt. So suchen vor allem ambulante Träger Teilzeitkräfte für den Sozialpsychiatrischen Dienst und Pflegekräfte zu einem Stundenlohn von 10 Euro. Zwar gebe es in den Altenheimen noch eine Fachkraftquote von 50 %. Doch das reiche gerade mal für die notwendigste Pflege, alles andere müssten zusätzliche MitarbeiterInnen erledigen, oder es werde eben nicht gemacht, so der DBSH.
Vielfach werden die Qualitätsdefizite nicht erkannt, vor allem in Heimen für Kinder, Jugendliche, Behinderte und alte Menschen können die Bewohner vielfach keine Kritik äußern. Und die Beschäftigten hätten meist Angst, sich gegen die Verschlechterung der Arbeitsbedingungen aufzulehnen. "Zu viele Fachkräfte werden arbeitslos und befürchten nur als Ein-Euro-Jobber oder in Niedrig-Lohn-Jobs wieder in ihrem Beruf arbeiten zu können", sagte die DBSH-Vorsitzende.
Ein Problem sei auch, dass zu viele BürgerInnen den sozialen Diensten zu wenig Aufmerksamkeit schenken. "Zu wenige denken daran, dass sie oder ihre Angehörige sehr plötzlich auf soziale Dienste angewiesen sein können. Andere glauben, dass es so, wie es ist, alles in Ordnung sei", so die DBSH-Vorsitzende. Dabei werde übersehen, dass es in Kindergärten, Jugendheimen, Altenpflegeeinrichtungen oder in der Behindertenhilfe nicht um Aufbewahrung gehen darf, sondern um Förderung und ein lebenswertes Leben. "Ein Dach über den Kopf, satt und sauber, das allein kann nicht die Zukunft für hilfebedürftige Menschen in unserer Gesellschaft sein", so die Vorsitzende.
Zu jedem freien Wettbewerb gehöre das Ringen um die beste Qualität und um die Sicherheit der angebotenen Waren und Dienste. Nur im Sozialbereich scheine das anders zu sein. Schönheitscremes, Elektrogeräte und Hundefutter würden regelmäßig getestet, im Sozialbereich aber werden die Standards abgesenkt, so Hille Gosejacob-Rolf. Die Verbraucherzentralen sollten beauftragt werden, die Qualität sozialer Dienste vergleichend zu bewerten. "Wissenschaftliche Studien, was notwendig wäre, gibt es genug. Was wir brauchen ist ein Wettbewerb um die beste Praxis. Und hierfür brauchen Betroffene und Angehörige Hilfestellung", so die Bundesvorsitzende des Deutschen Berufsverbandes für Soziale Arbeit (DBSH). "Mit einer "Geiz ist Geil" - Mentalität lassen sich unsere sozialen Probleme nicht lösen, erst eine gute Qualität wirkt zugunsten der sozialen Balance und der Menschenwürde".
Mit einer Info-Kampagne will der Verband die Bürger bewegen, bei sozialen Einrichtungen auf Einhaltung von Standards zu achten. Dort wo die Qualität nicht stimmt, sollen sich die Bürger an Politik und Träger wenden, um auf Verbesserung zu drängen. Dafür hat der DBSH eine kostenlos erhältliche Postkartenserie vorbereitet.
In einem Leitfaden gibt der DBSH Tipps, welche Punkte bei der Auswahl etwa eines Pflegeheims, eines Kindergartens oder eine Jugendhilfe-Einrichtung beachtet werden sollten. Dazu gehören Fragen nach der Ausstattung der Einrichtung, dem Konzept und der Ausbildung des Personals.
Die Materialien der sozialpolitischen Kampagne können einmalig kostenlos beim Kampagnensekretariat des DBSH, Friedrich-Ebert-Str. 30, 45127 Essen bestellt oder auch über das Internet eingesehen und bestellt werden unter: http://www.soziales-netz.org.
Der DBSH ist mit gut 6.500 Mitgliedern der größte Verband für soziale Berufe.
Originaltext: DBSH Digitale Pressemappe: http://presseportal.de/story.htx?firmaid=50208 Pressemappe via RSS : feed://presseportal.de/rss/pm_50208.rss2
Kontakt: Wilfried Nodes (Referent für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit), 07946-943216 Weitere Informationen: http://www.soziales-netz.org
Bildmaterial zur Kampagne kann herunter geladen werden unter: http://www.soziales-netz.org/Infomaterial/infomaterial.html Das Bild der DBSH-Vorsitzenden Hille Gosejacob-Rolf unter: http://www.dbsh.de/Gosejacob-Rolf.jpg
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