DGGG 2006: Impfstoff zur Zervixkarzinom-Prophylaxe vorgestellt / Breiter und anhaltender Schutz gegen die häufigsten onkogenen HPV-Typen
Geschrieben am 20-09-2006 |
München (ots) - Ein Kandidat-Impftstoff, der eine neue Option zur Prävention von Gebärmutterhalskrebs bietet, wurde auf dem 56. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe (DGGG) in Berlin vorgestellt. Die Vakzine verhindert Infektionen mit den in 71,5 Prozent der Fälle für das Zervixkarzinom verantwortlichen HPV-Typen 16 und 18. Darüber hinaus liefert Cervarix(TM) Hinweise auf eine Kreuzprotektion vor den dritt- und vierthäufigsten onkogenen HPV-Typen 45 und 31. Der Verstärkung der Immunantwort dient das neuartigen Adjuvans AS04, das besonders hohe und lang anhaltende Antikörperspiegel induziert. Die Zulassung wurde bereits im März 2006 bei der europäischen Behörde (EMEA) beantragt.
Das Zervixkarzinom ist weltweit der zweithäufigste Tumor bei Frauen. In Deutschland erkranken jährlich 6.000 Frauen an Gebärmutterhalskrebs, etwa 2.000 sterben daran.(1) Humane Papillomviren (HPV) sind die Hauptursache für die Entstehung eines Zervixkarzinoms. Bei 99,7 Prozent der Fälle lassen sich onkogene HPV-Typen nachweisen. Die am häufigsten verbreiteten sind die Typen HPV 16 und 18, gegen die aufgrund dieser Erkenntnis eine Impfung entwickelt werden konnte. Weit vorangeschritten ist die klinische Erprobung des HPV-Impfstoffs, der zurzeit in Phase III-Studien geprüft wird. Der gentechnisch hergestellte Impfstoff besteht aus virusähnlichen Partikeln (VLP - virus-like-particle) und enthält das innovative Adjuvans AS04. Dieser patentierte Hilfsstoff, bestehend aus Aluminiumsalzen und Monophosphoryl Lipid A (MPL(R)), induziert über einen Zeitraum von mindestens 3,5 Jahren höhere und länger anhaltende Antikörperspiegel als derselbe Impfstoff unter Verwendung einer herkömmlichen Formulierung mit Aluminiumsalz.(2)
Starke Immunantwort in allen Altersgruppen
Aktuelle Studiendaten bescheinigen der Vakzine eine starke Immunogenität und gute Verträglichkeit bei Frauen zwischen 10 und 55 Jahren.(3) Alle Frauen, die den neuen Impfstoff erhalten hatten, wiesen Antikörper gegen HPV 16 und 18 auf. "Der bivalente HPV 16/18-Impfstoff erwies sich nicht nur bei jungen Mädchen ab 10 Jahren, sondern auch bei Frauen bis 55 Jahre als hochimmunogen. Daher ist auch die Impfung für Frauen ab 25 Jahren sinnvoll", betonte Prof. Dr. Tino Schwarz, Stiftung Juliushospital Würzburg. Dass auch nach 4,5 Jahren bei keiner der geimpften Frauen präkanzeröse Läsionen nachgewiesen werden konnten, ergab eine erweiterte Follow-up-Analyse aus der initialen Wirksamkeitsstudie bei Frauen von 15-25 Jahren.(4) Weitere Ergebnisse geben zudem erste Hinweise auf eine Kreuzprotektion vor den dritt- und vierthäufigsten HPV-Typen 45 und 31. HPV-Typen 16, 18, 45 und 31 sind gemeinsam für etwa 80 Prozent aller Fälle von Gebärmutterhalskrebs verantwortlich.(5)
Impfung ist kosteneffektiv
Erstmals wurden in Berlin auch Daten zur (Kosten-)Effektivität der Impfung im Vergleich zur alleinigen Krebsfrüherkennung vorgestellt. In einem mathematischen Simulationsmodell (Markov-Modell) analysierten Schneider et al. den potenziellen Nutzen einer möglichst breit angelegten HPV-Vakzinierung junger Frauen eines Jahrgangs in Deutschland. Für die Effektivität der GSK-Kandidatvakzine wurde ein Schutz von 95 Prozent gegen die HPV-Typen 16 und 18 sowie ein kreuzprotektiver Schutz von 90 Prozent gegen die HPV-Typen 45 und 50 Prozent gegen HPV 31 unterstellt. Die Zahl der Neuerkrankungen am Zervixkarzinom und Sterbefälle lässt sich durch die Impfung in dieser Kohorte um jeweils ca. 78 Prozent verringern. Die Kosten, die durch die Abklärung abnormaler Abstrichbefunde, der Behandlung von Krebsvorstufen und der von invasiven Karzinomen entstehen, ließen sich durch die Impfung insgesamt um 21,2 Prozent reduzieren. "Die HPV-Impfung junger Mädchen ist die effektivste Strategie zur Reduktion dieser Krankheitslast, aber auch die Impfung von Frauen ist von hohem Nutzen", ist der Studienleiter Prof. Dr. Achim Schneider, Direktor der Klinik für Gynäkologie und gynäkologische Onkologie der Charité Berlin, überzeugt.
Quellen: (1) Klug S et al. Zervixkarzinom, HPV-Infektion und Screening. Dtsch. Ärztebl. 2003.100:A132-137 (Heft 3).
(2) Giannini SL et al. Enhanced humoral and memory B cellular immunity using HPV16/18 L1 VLP vaccine formulated with the MPL/aluminium salt combination (AS04) compared to aluminium salt only. Vaccine 2006.
(3) Schwarz TF et al., J Clin Oncol 24 (Suppl): 1008.
(4) Harper D et al. Sustained efficacy up to 4,5 years of a bivalent L1 virus-like particle vaccine against human papillomavirus type 16 and 18: follow-up from a randomized control trial. Lancet. April 2006. Early online publication.
(5) Munoz N, Bosch FX, Castellsagué X, Diaz M, de Sanjose S, Hammouda D, Shah KV, Meijer CJLM. Against which human papillomavirus types shall we vaccinate and screen? The international perspective. Int J Cancer 2004; 111: 278-285.
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