Rheinische Post: Freiheit, die ich meine - Von WOLFRAM GOERTZ
Geschrieben am 26-09-2006 |
Düsseldorf (ots) - Die Berliner Intendantin Kirsten Harms hat, als sie jetzt den für November geplanten "Idomeneo" absagte, eine absolute Freiheit zugunsten einer konkreten Freiheit geopfert. Die konkrete war die Freiheit von Angst und Sorge, die absolute war die Freiheit der Kunst. Welche ist höher zu bewerten?
Es fällt schwer, ins Dröhnen der politischen Kunstbewahrer einzustimmen, die die Freiheit der Kunst nie mit eigenem Leib verteidigen mussten, aber jetzt zum Widerstand der Demokratie gegen recht vage Bedrohungen aufrufen. Gemeinhin kennen Politiker ihre Opernhäuser nur von außen und drehen ihnen das Geld ab. Eine, die Opernhäuser von innen kennt, äußerte sich wohlweislich nicht: die Kanzlerin.
Gewiss ist es so, dass die Absage eine Kapitulation war, und Kapitulationen dieser Art sind in Demokratien ungut. Rüsten wir uns also für eine ungemütliche, aber wehrhafte Zukunft: Irgendeiner ruft immer anonym an, und wir sitzen bangend im Saal und werden von Polizei und Bundeswehr gesichert.
Beruhigend an der bemüht demokratie-theoretischen Debatte ist, dass gestern kein Politiker den Regisseur nach dem Motto schalt: Was verhunzt Neuenfels auch den Mozart! Das fehlte noch, dass Politik den Kunststaatsanwalt gibt. Wir haben freilich wieder gesehen, was in Mozart für ein Potenzial steckt. Ein ganzer Staat zittert um ihn. Gut im Mozart-Jahr!
Originaltext: Rheinische Post Digitale Pressemappe: http://presseportal.de/story.htx?firmaid=30621 Pressemappe via RSS : feed://presseportal.de/rss/pm_30621.rss2
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