Kassenverbände sabotieren Vertragslösungen - Große Koalition muss Fehler im AVWG korrigieren
Geschrieben am 05-10-2006 |
Berlin (ots) - Die Spitzenverbände der Krankenkassen sabotieren ein wesentliches Ziel der Großen Koalition in der Arzneimittelversorgung. "Die Bundesregierung setzt auf Vertragslösungen zwischen Krankenkassen und Arzneimittelherstellern, gleichzeitig nehmen die Spitzenverbände durch maßlosen Preisdruck den Herstellern jeden Verhandlungsspielraum", erklärte Pro Generika-Geschäftsführer Hermann Hofmann. Dabei habe Deutschland bereits jetzt die günstigsten Generika-Preise unter den fünf wichtigsten Pharmamärkten in Europa.
Hintergrund der Kritik ist eine Regelung aus dem Arzneimittelversorgungs-Wirtschaftlichkeitsgesetz (AVWG), das am 1. Mai in Kraft getreten ist: Danach dürfen die Kassenverbände Arzneimittel auswählen und von der Zuzahlung befreien, wenn der Preisabstand zum Festbetrag mindestens 30 Prozent beträgt. Tatsächlich haben die Kassenverbände die Grenze aber teilweise bis auf 50 Prozent nach unten verschoben.
Nach Auffassung von Pro Generika ist der Großen Koalition damit im AVWG ein schwerer Fehler unterlaufen: Die Spitzenverbände, die mit der Gesundheitsreform ohnehin abgeschafft werden sollen, haben ein zusätzliches zentrales Regulierungsinstrument in die Hände bekommen, das sie nun maßlos und aus Sicht von Pro Generika missbräuchlich nutzen. Die Bundesregierung forderte der Verband deshalb auf, den Kassenverbänden Einhalt zu gebieten. "Wer den Erfolg dezentraler Verhandlungslösungen will, muss zentrale Eingriffe stoppen, die genau das verhindern", betonte Hofmann. Zugleich verlangte er, die bisherige Zuzahlungsregelung auf eine konsequente zehnprozentige Zuzahlung umzustellen. "Das würde die Zuzahlung für alle preiswerten Arzneimittel deutlich verringern, und die Patienten profitieren von den enormen Preissenkungen der Hersteller." So werde auch ein Anreiz gesetzt, damit mehr preiswerte Arzneimittel zum Einsatz kommen.
Genau dieses Ziel ist auch mit dem AVWG nicht erreicht worden. Und das obwohl zwischen März und Juli 2006 in Deutschland die Preise für Generika im Schnitt um 20 Prozent gesenkt worden sind. Als Folge hat Deutschland jetzt die niedrigsten durchschnittlichen Generika-Preise unter den fünf wichtigsten EU-Pharmamärkten. Mit 16 Cent pro Tablette liegen die Generika-Preise bei uns um 24 Prozent unter denen in Frankreich und um 16 Prozent unter denen in Großbritannien. Vor allem die Preise der umsatzstarken Wirkstoffe, die zu Behandlung der wichtigsten und häufigsten Krankheitsbilder eingesetzt werden, wurden drastisch um bis zu 52 Prozent abgesenkt.
Wie aus den heute von Pro Generika vorgelegten "Marktdaten 2005/2006" aber hervorgeht, hat all dies nicht zu einem Anstieg des Generika-Anteils geführt. "Es wird seit Jahren Geld verschwendet, weil das Einsparpotential, das Generika bieten, nicht genutzt wird", kritisierte Hofmann. Daran habe auch das AVWG nichts geändert. Laut Marktdaten haben die Gesetzlichen Krankenkassen 2005 mit Generika 3,4 Milliarden Euro gespart; etwa 1,1 Milliarde Euro hätte zusätzlich gespart werden können, wenn in jedem möglichen Fall wirkstoffgleiche Generika statt der teureren Erstanbieterprodukte verwendet worden wären.
Der Trend setzt sich im ersten Halbjahr 2006 fort. Der Markt der patentgeschützten Arzneimittel wächst zweistellig, der generikafähige Markt schrumpft sogar leicht. Wie mangelhaft die Einsparmöglichkeiten mit Generika genutzt werden, beweist die so genannte Konversionsrate, die die Umstellung vom Erstanbieterprodukt auf ein Generikum nach Patentablauf beschreibt: In früheren Jahren erreichten Generika bereits in drei bis vier Quartalen nach Markteintritt Marktanteile von um die 90 Prozent. Bei Substanzen mit neuerem Patentablauf erreichten Generika nach zwölf Monaten dagegen lediglich eine Konversionsrate zwischen 50 und etwas über 60 Prozent.
"Statt die ohnehin niedrigen und durch funktionierenden Wettbewerb stetig sinkenden Generikapreise zusätzlich unter Druck zu setzen, sollten Große Koalition und Kassenverbände alles tun, um mit Generika zu sparen", verlangte Hofmann. Er schlug erneut die Einführung einer gesetzlichen Generika-Mindest-Verordnungsquote von 85 Prozent bei den patentfreien Arzneimitteln vor.
Originaltext: Pro Generika e.V. Digitale Pressemappe: http://presseportal.de/story.htx?firmaid=54604 Pressemappe via RSS : feed://presseportal.de/rss/pm_54604.rss2
Ansprechpartner: Hermann Hofmann, Erster Geschäftsführer Tel.: (030) 2092 4131 info@progenerika.de
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