LVZ: Leipziger Volkszeitung zum Koalitionsstreit
Geschrieben am 08-10-2006 |
Leipzig (ots) - Koalitionszank und kein Ende: Deutschland reiht sich ein in die lange Liste wichtiger EU-Länder mit politisch nur begrenzt handlungsfähigen Regierungen. In Paris wartet der ausgelaugte Jaques Chirac ideenlos auf das Ende seiner Präsidentschaft. In London gibt Tony Blair engagiert die extrem lahme Ente. In Polen versuchen zwei auf Krawall gebürstete Zwillinge krampfhaft die Kontrolle zu behalten, kaum dass sie in die Schaltstellen der Macht eingerückt sind. Und in Berlin wird die Unions-Kanzlerin Merkel vom sozialdemokratischen Koalitionspartner mal rumgeschubst und mal hinterhältig umarmt, während bei der eigenen Gefolgschaft nicht mehr Euphorie, sondern frustrierende Ratlosigkeit blüht. Und die Bürger fragen sich, was die große Koalition in drei langen Jahren bis zur nächsten regulären Wahl noch zustande bringen soll, wenn sie schon die Gesundheitsreform vergeigt, die zum Kitt der Zwangsehe werden sollte.
Der Gesundheits-Burgfrieden ist erst ein paar Tage alt, und schon streiten die Koalitionäre über die Auslegung gerade beschlossener Inhalte. Weitere Streitthemen warten auf die Arbeit der Kesselflicker: Die Union will aus den Wucherungen der Hartz-Gesetze die Konsequenzen ziehen und arbeitsunwilligen Hartz-IV-Empfängern Leistungen kürzen. Das ist sinnvoll, wird aber von der SPD abgelehnt, die um Wählerstimmen fürchtet. Wenig harmonisch dürfte es heute auch hinter den Kulissen des von Merkel angesetzten Energie-Gipfels zugehen. Wenn Deutschland tatsächlich seine Abhängigkeit von Energie-Importen verringern will, müsste es wieder stärker auf Kernkraft setzen und zumindest die Restlaufzeiten vorhandener Meiler verlängern. Auch hier blockiert die SPD. In der Sache kontraproduktiv, aber mit gutem Recht: Sie hat von Hartz IV bis zum Atomausstieg den Koalitionsvertrag auf ihrer Seite und kann sich taktisch zurücklehnen, während sich die Union vergeblich Profil suchend in den Umfragen nach unten strampelt.
Die Strategie der Beck-SPD ist aufgegangen: Mit dosierten Provokationen hat sie einen Keil zwischen Merkel und die Unions-Ministerpräsidenten getrieben. Merkels schlaffes Machtwort, SPD-Fraktionschef Struck solle seine Stänkereien gegen Wulff, Koch und Co einstellen, wird ungehört verhallen. Es verdeutlicht nur ihren Autoritätsverlust. Wegen chronischer Durchsetzungsschwäche gepaart mit dünnen Medienleistungen der meisten ihrer Minister verliert die Union jetzt Wählerstimmen an die Partei, die als Original des von Zugeständnissen getriebenen Merkel-und-Pofalla-Kurses gilt: Die SPD.
Damit hat sich Merkel selbst in politische Gefahr gebracht. Denn nur auf eine starke Kanzlerin kommt es der Union auf Dauer an. Für deren Erhalt und Überleben als Volkspartei ist das Wiederfinden eigener Identität und der Machterhalt in wichtigen Bundesländern wichtiger als eine vom politischen Kontrahenten dominierte Regierungschefin ohne vermittelbare christdemokratische Erfolgsgeschichten. Im Zustand der weitgehenden Reform- und Handlungsunfähigkeit ist die große Koalition derzeit ein Vorbereitungslauf für die Kanzlerschaft von SPD-Chef Kurt Beck.
Originaltext: Leipziger Volkszeitung Digitale Pressemappe: http://presseportal.de/story.htx?firmaid=6351 Pressemappe via RSS : feed://presseportal.de/rss/pm_6351.rss2
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