Rheinische Post: Osteuropas Krise
Geschrieben am 17-10-2006 |
Düsseldorf (ots) - Von Doris Heimann
Gleich in mehreren neuen EU-Mitgliedsstaaten ist die politische Situation instabil. In Tschechien gibt es seit Juni keine Regierung. Die Rechte und die Linke stehen sich im Parlament mit gleich vielen Abgeordneten gegenüber. Sie können sich weder auf Neuwahlen noch auf die Bildung einer großen Koalition einigen. In Ungarn klammert sich Premier Ferenc Gyurcsany an sein Amt. Dabei gehen täglich Tausende gegen ihn auf die Straße. Sie fordern seinen Rücktritt, weil er zugegeben hat, die Ungarn jahrelang über den wahren Zustand der Wirtschaft belogen zu haben. In Polen führt die Partei Recht und Gerechtigkeit (PiS) der Kaczynski-Brüder seit über einem Jahr einen bizarren Kampf um den Machterhalt. Das Grundproblem in allen jungen osteuropäischen Demokratien ist das mangelnde politische Ethos. Im Osten versucht man, sich so lange wie möglich an den Futtertrögen der Macht zu halten. Der einzelne Abgeordnete betrachtet Neuwahlen als Drohung - sie könnten schließlich den Verlust seiner Diäten und seiner lukrativen Einflusssphäre bedeuten. Das Wohl des Landes ist zweitrangig. Doch damit ist ein Teufelskreis eröffnet: Die hoffnungslose Politik führt dazu, dass immer mehr Bürger in Osteuropa von der Demokratie enttäuscht sind.
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