 Westdeutsche Zeitung: Rambos in deutscher Uniform = von Wolfgang Radau
Geschrieben am 25-10-2006 |
Düsseldorf (ots) - Wie groß der Flurschaden ist, den
verantwortungslos dumme Bundeswehrsoldaten in Afghanistan und in der
islamischen Welt angerichtet haben, lässt sich überhaupt noch nicht
absehen. Aber schon jetzt steht fest: Den Versuch von Minister Jung,
den Skandal auf die paar unmittelbar beteiligten Uniformträger zu
begrenzen, darf die deutsche Öffentlichkeit nicht durchgehen lassen.
Und genau das, was der Generalinspekteur Schneiderhan vorauseilend
als falsch zurückweist, ist Tatsache: Die Innere Führung der
Bundeswehr ist nicht mehr auf der Höhe der politischen Anforderungen
an unsere Soldaten.
Lassen wir uns nichts vormachen: Die Bilder, über die wir uns zu
Recht empören, haben mehr Soldaten Gaudium bereitet als nur den fünf
Mann, gegen die nun ermittelt wird. Wer als militärischer Führer
unter seinen Leuten im Camp haust, muss mitbekommen, wenn in der
Mannschaft Hemmschwellen fallen und zivilisierte Umgangsformen den
Bach hinunter gehen. Fast so unerträglich, wie es die Posen der
Bewaffneten sind, ist der Gedanke, dass mehr als drei Jahre lang
alles "unter uns" geblieben ist - in einem offenbar geschlossenen
Zirkel.
Die Bundeswehr befindet sich, wie wir aus dem neuen
Sicherheits-Weißbuch wissen, auf dem Weg zu einer "Armee im Einsatz".
10 000 Uniformierte tun in aller Welt Dienst als Botschafter der
Kulturnation Deutschland. Ihre Botschaft: Frieden. Ihr Umfeld: Krieg.
Dieser nur schwer zu meisternde Spagat ändert nichts am bewährten
Prinzip der Inneren Führung, dem zufolge jeder Soldat ein
Staatsbürger in Uniform bleibt. Von den Werten, für die er sich
einsetzt, muss er nachprüfbar überzeugt sein. So lange die Bundeswehr
diese Erziehungsaufgabe nicht uneingeschränkt erfüllen kann, sollte
die Politik weniger oft "Hier" rufen, wenn weltweit Soldaten
angefordert werden. Jeder Rambo in deutscher Uniform ist einer
zuviel.
Originaltext: Westdeutsche Zeitung
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