LVZ: Oberst Gertz: Bundeswehr muss anders ausbilden und die Kriterien für die Personalauswahl verändern / Neue Sorge vor konkreter Bedrohung deutscher Soldaten im Ausland
Geschrieben am 26-10-2006 |
Leipzig (ots) - Der Chef der Soldaten-Gewerkschaft Deutscher Bundeswehrverband, Oberst Bernhard Gertz, hat Kritik an der bisherigen Ausbildung der Bundeswehr-Soldaten geübt. Darüber hinaus verlangte Gertz eine gezieltere Personalauswahl für die Bundeswehr. Vor dem Hintergrund der jüngsten Leichenschänder-Affäre meinte Gertz in einem Interview mit der "Leipziger Volkszeitung" (Donnerstag-Ausgabe): "Es gibt ein Problem bei der Vermittlung der ethischen Seite des Soldatenberufs. Wir sind stolz auf unsere Tradition der Inneren Führung, auf das Leitbild vom Staatsbürger in Uniform. Aber das zentrale Motiv muss der Respekt vor der Würde des Menschen sein. Es gibt offenbar einige Soldaten, die das so deutlich nicht begriffen haben. Das muss Konsequenzen bei der Ausbildung haben", verlangte Gertz.
Er könne nicht ausschließen, "dass es außer diesem Vorfall noch irgendwo etwas ähnliches gegeben hat", meinte der Oberst. Aber in 13 Jahren Bundeswehr sei dies das erste Ereignis dieser negativen Qualität. Bis zum Beweis des Gegenteils vertraue er darauf, es handele sich um einen Einzelfall. Neben der Ausbildung müsse aber auch bei der Personalauswahl nachgesteuert werden. "Wir müssen genauer hinsehen auf die Menschen, die zu uns in die Armee kommen. Wir wissen alle, dass die Soldaten objektiv viel zu schlecht bezahlt werden, gerade in den unteren Mannschafts-Dienstgraden. Wir müssen uns auch klarmachen, dass, wenn man schlecht bezahlt, aber einen sehr anstrengenden, gefährlichen und risikoreichen Beruf anbietet, man am Personalmarkt auch nur die Qualität bekommt, die zu diesem niedrigen Preis verfügbar ist."
Der Ausdruck, die Bundeswehr als eine Art "Prekariats-Sammelstelle", sei ihm persönlich zwar zu hart. "Aber wer das Leitbild vom Staatsbürger in Uniform erfüllen will, an den werden hohe Anforderungen gestellt und der muss auch von seinem intellektuellem Habitus und von seiner Persönlichkeit her die Gewähr dafür bieten, dass er diesen Anspruch erfüllen kann. Deswegen dürfen wir nicht in Gefahr geraten, dass wir uns mit Menschen als Personalergänzung eindecken, die nicht wirklich zur Truppe passen", sagte Gertz.
Im Übrigen bleibe er beim Vergleich der deutschen Soldaten mit US-Soldaten bei seiner Einschätzung: "Unsere Soldaten haben mehr Respekt vor der Würde des Menschen, auch wenn das Beispiel von Kabul das Gegenteil zu beweisen scheint." Möglicherweise müsse die Bundeswehr aber noch deutlicher machen, "dass in allererster Linie unsere Soldaten für die Grund- und Menschenrechte in unserer Verfassung stehen und dass der Respekt vor der Menschenwürde wirklich das alleroberste Gebot ist". Sorgen müsse sich Deutschland zudem jetzt wegen der neuen Gefährdungslage für die Auslandssoldaten auf Grund der Leichen-Affäre machen. "Die Instrumentalisierung dieser Bilder von Kabul wird selbstverständlich dazu führen, dass es große Entrüstung in der arabischen Welt geben wird, dass es möglicherweise zu konkreten Sicherheitsgefährdungen für unsere Soldaten in Afghanistan kommen wird."
Originaltext: Leipziger Volkszeitung Digitale Pressemappe: http://presseportal.de/story.htx?firmaid=6351 Pressemappe via RSS : feed://presseportal.de/rss/pm_6351.rss2
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