Bundesfinanzminister Peer Steinbrück im RTL-Interview
Geschrieben am 03-11-2006 |
Köln (ots) - Nach den positiven Signalen des Steuerschätzerkreises und einem Treffen der Koalitionsspitzen mit Bundeskanzlerin Angela Merkel äußerte sich Finanzminister Peer Steinbrück am Freitag gegenüber dem "RTL Nachtjournal" zu dem zu erwartenden Millarden-Plus für den Staat. Anbei das Interview im Wortlaut. Bei Verwendung bitte Quellenhinweis "RTL Nachtjournal" beachten!
Ist das eigentlich wie ein Lottogewinn, wenn ein Finanzminister eine solch schöne Steuerschätzung präsentiert bekommt?
Steinbrück: "Das Geld in diesem Ausmaß in diesem Jahr dann doch auch nutzen zu können, zur Absenkung der Nettokreditaufnahme, auch zur Absenkung des Arbeitslosenversicherungsbeitrages, ist sehr viel schöner, als dem deutschen Publikum zu erzählen, dass es uns noch schlechter geht, oder dass es enger ist.
War es denn schwer, den großen Wunschzettel der Kollegen doch zusammen zu streichen? Nein, es ist weniger ein Katalog der Kollegen gewesen, schon gar nicht im Kabinett. Ich finde, das Kabinett ist da sehr diszipliniert aufgestellt, aber einige scheinen eine jetzt bessere konjunkturelle Situation zu verwechseln mit einer generellen Begradigung aller Probleme, die wir haben. In Wirklichkeit hat sich an den strukturellen Problemen der öffentlichen Haushalte in Deutschland nichts geändert. Wir haben nach wie vor 1.500 Mrd. Euro Schulden. Man muss sich vorstellen, was das für die nachfolgende Generation bedeutet. Wir haben es nach wie vor damit zu tun, dass wir keine Entschuldung beim Bundeshaushalt haben, sondern wir verringern lediglich das Tempo, in dem wir Schulden aufnehmen. Vor diesem Hintergrund und trotz aller Freude über die besseren Horizonte, eine Bereinigung aller Probleme haben wie keineswegs.
Sind wir jetzt nur ein bisschen weniger pleite oder doch auf gutem Wege aus der Verschuldung?
Nein, pleite sind wir überhaupt nicht. Die Bundesrepublik Deutschland ist wirtschaftlich so stark und hat ein so hohes Potential, dass man dieses Bild der Pleite wirklich nicht strapazieren sollte. Es wirft ein völlig falsches Bild auf die Leistungsfähigkeit der BRD und vor allem auf den Stolz der Bürgerinnen und Bürger. Wir sind nach wie vor eine stärksten Wirtschaften weltweit. Wir haben uns aber in den letzten Jahren mehr geleistet, als wir uns vorher geleistet haben Wir haben über unsere Verhältnisse gelebt und deshalb ist es für die Große Koalition von erheblicher Bedeutung, die Nettokreditaufnahme erheblich zu senken. Immerhin ist es die niedrigste Nettokreditaufnahme seit der Wiedervereinigung.
Wie jeder Haushalt in Deutschland sollte auch die Regierung versuchen, mal weniger auszugeben, als sie einnimmt. Wann sind Sie denn soweit?
Bundesfinanzminister werden mit der Benennung eines solchen Datums sehr leicht auf Wiedervorlage gelegt werden, und deswegen bin ich da vorsichtig. Wann wir wirklich bei einer Nettokreditaufnahme von "Null" sind, wage ich nicht vorher zu sehen. Unser Ehrgeiz sollte sich darauf richten. Für mich ist es sehr viel wichtiger, dass wir auch die Struktur des Bundeshaushaltes verändern. Das heißt weniger Konsumtiv, sondern stärker Investiv. Wir müssen jetzt Zukunftsinvestitionen tätigen, um Wohlstand in der Zukunft für uns und unsere Kinder und Kindes Kinder zu haben. Die wichtigen Stichworte sind Entwicklung, Gewerbeförderung, Infrastruktur, eine höhere Erwerbstätigkeit von Frauen durch die bessere Vereinbarkeit von Beruf und Familie, womit wir bei Betreuungsangeboten sind. Das sind wichtige Stichpunkte von denen ich glaube, dass die Wohlfahrt in Deutschland abhängig ist.
Der Arbeitslosenversicherungsbeitrag soll sinken, aber die Kassenbeiträge und Rentenbeiträge steigen. Verpufft da nicht der Effekt, dass Arbeit in Deutschland billiger wird und damit Jobs geschaffen werden?
Nein, der entlastende Effekt ist größer als der gegenläufige Effekt bei der Rentenversicherung oder ggf. auch bei den Krankenversicherungsbeiträgen. Wir kommen jetzt deutlich unter die 40 Prozent bei den Lohnzusatzkosen, was wichtig ist, weil damit tendenziell Arbeit in Deutschland auch billiger wird. Die Realnettolöhne und Gehälter waren nie das Problem. Viele Menschen haben in den letzten Jahren real weniger gehabt als noch vor vier oder fünf Jahren. Das Problem in Deutschland sind die Bruttoarbeitskosten, und die werden sehr stark mitgeprägt durch diese Lohnzusatzkosten. Und deshalb finde ich ist es ein sehr wichtiges Ziel der Großen Koalition, bei den Sozialversicherungsbeiträgen doch herunter zu kommen. Und das tun wir, über alles gesehen.
Originaltext: RTL Digitale Pressemappe: http://presseportal.de/story.htx?firmaid=7847 Pressemappe via RSS : feed://presseportal.de/rss/pm_7847.rss2
Rückfragen bitte an: RTL Kommunikation Matthias Bolhöfer Telefon: 0221 / 456 4227 Fax: 0221 / 456 4293 matthias.bolhoefer@rtl.de
Kontaktinformationen:
Leider liegen uns zu diesem Artikel keine separaten Kontaktinformationen gespeichert vor.
Am Ende der Pressemitteilung finden Sie meist die Kontaktdaten des Verfassers.
Neu! Bewerten Sie unsere Artikel in der rechten Navigationsleiste und finden
Sie außerdem den meist aufgerufenen Artikel in dieser Rubrik.
Sie suche nach weiteren Pressenachrichten?
Mehr zu diesem Thema finden Sie auf folgender Übersichtsseite. Desweiteren finden Sie dort auch Nachrichten aus anderen Genres.
http://www.bankkaufmann.com/topics.html
Weitere Informationen erhalten Sie per E-Mail unter der Adresse: info@bankkaufmann.com.
@-symbol Internet Media UG (haftungsbeschränkt)
Schulstr. 18
D-91245 Simmelsdorf
E-Mail: media(at)at-symbol.de
37949
weitere Artikel:
- Saarbrücker Zeitung: SPD-Generalsekretär Hubertus Heil bezeichnet Finanzbeschlüsse als solide und kritisiert Rüttgers-Vorschläge zu ALG I scharf / "Fehlgeleitet und charakterlos" Berlin / Saarbrücken (ots) - SPD-Generalsekretär Hubertus Heil hat die Beschlüsse der Bundesregierung zur Verteilung der Steuermilliarden als "solide Finanzpolitik" bezeichnet und sie auf den Druck der SPD zurückgeführt. Der "Saarbrücker Zeitung" (Sonnabendausgabe) sagte Heil, die Reformen der letzten Jahre zahlten sich jetzt in Form höherer Steuereinnahmen und besserer Arbeitslosenzahlen aus: "Wir haben dafür gesorgt, dass diese Ergebnisse jetzt nicht verpulvert werden". Heil betonte, dass die Steuermehreinnahmen in erster Linie für die mehr...
- Märkische Oderzeitung: Vorab-Interview mit dem brandenburgsichen CDU-Landesvorsitzenden Jörg Schönbohm Frankfurt/Oder (ots) - Frankfurt (Oder). Die Führung der Bundespartei der CDU sieht mit großer Sorge die Entwicklung in der brandenburgischen CDU. Das sagte Brandenburgs CDU-Landesvorsitzender Jörg Schönbohm in einem Interview mit der Märkischen Oderzeitung. Im Wettbewerb der beiden Kandidaten für den Landesvorsitz gehe es um die Frage, welcher Politikstil die Mehrheit findet. "Ob wir einen integrationsfähigen Vorsitzenden Ulrich Junghanns bekommen. Oder Herrn Petke, der die Partei polarisiert", sagte er. Schönbohm anerkannte die gute mehr...
- Westdeutsche Zeitung: Steinbrück statt Rüttger = Von Alexander Marinos Düsseldorf (ots) - Sie haben kein Geld mehr, sind bereits hoch verschuldet, möchten sich aber trotzdem ein neues Auto kaufen? Statt der zunächst veranschlagten 25.000 Euro kostet der Wagen überraschend nur 20.000. Sie müssen also weniger neue Schulden aufnehmen als zunächst geplant. Würden Sie dann ernsthaft auf die Idee kommen, von einem 5000-Euro-Überschuss zu reden und darüber nachdenken, was Sie mit dem "zusätzlichen" Geld nun Schönes anfangen können? Die Debatte über die so genannten Steuerüberschüsse war von Anfang an eine Gespensterdiskussion. mehr...
- Mitteldeutsche Zeitung: Gewalt gegen Kinder / Sachsen-Anhalt kritisiert Absage von der Leyens an Pflicht-Vorsorgeuntersuchungen Halle (ots) - Das Sozialministerium Sachsen-Anhalts hat mit Unverständnis auf die Abfuhr reagiert, die Bundesfamilienministerin Ursula von der Leyen (CDU) verpflichtenden Vorsorgeuntersuchungen von Kindern erteilt hat. "Das ist eher inkonsequent und wir hoffen, dass das noch nicht das letzte Wort ist", sagte Ministeriumssprecher Holger Paech der in Halle erscheinenden Mitteldeutschen Zeitung (Samstag-Ausgabe). Chancen für eine von Sachsen-Anhalt initiierte Bundesratsinitiative für die Pflichtvorsorge sieht die Behörde von Sozialministerin mehr...
- Märkische Oderzeitung: Kommentarauszug Märkische Oderzeitung (Frankfurt/Oder) zur Demokratie-Umfrage Frankfurt/Oder (ots) - Den Deutschen kommt das Vertrauen in die Demokratie abhanden, und die Zweifler sind keine Minderheit mehr. Ablesbar ist das seit Längerem am Schwinden der Wahlbeteiligung - insbesondere bei Landes- und Kommunalwahlen -, am Verlust der Bindekraft der großen Volksparteien und am Ausfransen der Parteienlandschaft nach rechts und links. Die Erklärungen für diese Entwicklung liegen auf der Hand. Im Osten ist es die Folge des noch immer nicht bewältigten Strukturwandels nach dem Zusammenbruch des Sozialismus, im Westen mehr...
|
|
|
Mehr zu dem Thema Aktuelle Politiknachrichten
Der meistgelesene Artikel zu dem Thema:
LVZ: Leipziger Volkszeitung zur BND-Affäre
durchschnittliche Punktzahl: 0 Stimmen: 0
|