(Registrieren)

LVZ: Leipziger Volkszeitung zu Anti-Terror-Datei

Geschrieben am 01-12-2006

Leipzig (ots) - Der Grünen-Politiker Wolfgang Wieland hat die
Bedenken der Opposition gegen die gestern vom Bundestag beschlossene
Anti-Terror-Datei in schlagzeilenformat auf den Punkt gebracht: "Wer
dort drin steht, wird als Terrorist gelten." Weil dieser Einwand
nicht einfach vom Tisch zu wischen ist, muss künftig genau
hingeschaut werden, welche Personen als potenzielle Attentäter in der
Datei landen. Es wird nicht der Bäcker sein, der einem
Terrorverdächtigen Brötchen verkauft hat. Denn Zufallskontakte sollen
nicht erfasst werden. Doch der unbescholtene Schwager des
Verdächtigen könnte durchaus in der Liste auftauchen und somit bei
Nachrichtendiensten genauso aktenkundig sein wie bei der Polizei in
Taucha. Sollte es am Ende tatsächlich mehr Kontakt- als Zielpersonen
geben, hat die Datei ihren Zweck verfehlt.
Das Beispiel zeigt aber vor allem eines: Im Umgang mit der
Anti-Terror-Datei wird es auf glasklare Einhaltung der Regeln und
penible Kontrollen ankommen. Denn Missbrauch ist bei diesem neuen
Instrument keineswegs ausgeschlossen. Man muss gar nicht auf
zahlreiche Verstöße der amerikanischen CIA gegen Grundrechte und
Mindeststandards der Menschlichkeit verweisen. Bundesrepublikanische
Dienste haben sich im Fall des verschleppten Deutsch-Libanesen Khaled
el Masri auch nicht mit Ruhm bekleckert. Doch im
BND-Untersuchungsausschuss zeigt sich immerhin, dass parlamentarische
Kontrolle - wenn auch verspätet - möglich und geboten ist. Deshalb
sollte die Anti-Terror-Datei nicht erst in fünf Jahren auf den
Prüfstand kommen, sondern spätestens in einemJahr. Falls sich dann
herausstellt, dass der Eilfall wirklich zum Regelfall geworden ist -
also Terrorismus-Hysterie betrieben wird, um Erkenntnisse der
Nachrichtendienste aus dem In- und Ausland einzusehen - und die
Ermittlungen beliebig ausgeweitet werden, muss eine Änderung her. Es
wäre nicht nur ein kluger Akt der Vorbeugung gegen weiteren
Missbrauch, sondern auch ein Signal an die Opposition, die sich - wie
viele Bürger - bei dem Gedanken an ein immer engmaschigeres
Überwachungsnetz äußerst unwohl fühlt.
FDP, Linkspartei und Grünen wurden im Laufe des Verfahrens mal wieder
auf dreiste Art die Grenzen ihres parlamentarischen Daseins
aufgezeigt. In letzter Minute erhielten sie den Gesetzentwurf,
Einwände überhörte Schwarz-Rot großzügig. Dabei wäre es gerade bei
einer so einschneidenden Änderung wichtig gewesen, große Teile des
Bundestags mitzunehmen.
Angesichts der neuen Bedrohungslage durch internationale Terroristen
undradikalisierte Eigengewächse müssenStandards der inneren
Sicherheit angepasst werden. Dabei bleiben Tabubrüche wie die stärker
verzahnte Zusammenarbeit zwischen Polizei und Geheimdiensten nicht
aus. Der Verweis auf Gestapo und das historisch begründete
Trennungsgebot wirkt anachronistisch, wenn es darum geht, die
Bevölkerung vor Attentätern zu schützen, deren Pläne mit einer wie
auch immer gearteten Logik nicht zu begründen sind und eine
erschütternde Hemmungslosigkeit offenbaren.

Originaltext: Leipziger Volkszeitung
Digitale Pressemappe: http://presseportal.de/story.htx?firmaid=6351
Pressemappe via RSS : feed://presseportal.de/rss/pm_6351.rss2

Pressekontakt:
Rückfragen bitte an:
Leipziger Volkszeitung
Redaktion

Telefon: 0341/218 11558


Kontaktinformationen:

Leider liegen uns zu diesem Artikel keine separaten Kontaktinformationen gespeichert vor.
Am Ende der Pressemitteilung finden Sie meist die Kontaktdaten des Verfassers.

Neu! Bewerten Sie unsere Artikel in der rechten Navigationsleiste und finden
Sie außerdem den meist aufgerufenen Artikel in dieser Rubrik.

Sie suche nach weiteren Pressenachrichten?
Mehr zu diesem Thema finden Sie auf folgender Übersichtsseite. Desweiteren finden Sie dort auch Nachrichten aus anderen Genres.

http://www.bankkaufmann.com/topics.html

Weitere Informationen erhalten Sie per E-Mail unter der Adresse: info@bankkaufmann.com.

@-symbol Internet Media UG (haftungsbeschränkt)
Schulstr. 18
D-91245 Simmelsdorf

E-Mail: media(at)at-symbol.de

43001

weitere Artikel:
  • WAZ: Motor Show. Nicht nur in Essen: Lust aufs Auto - Kommentar von Oliver Wagner Essen (ots) - Angefangen hat wohl alles mit der Ölkrise. Und der Erkenntnis: Der automobile Siegeszug über Autobahnkreuze und durch Innenstädte ist endlich, die Freiheit vor der Motorhaube nicht grenzenlos. Auch eine leere Autobahn hat ihre Reize. Heute, über 30 Jahre später, stehen wir vor dem Ende: utopisch hohe Benzinpreise, Feinstaub- und CO2-Grenzwerte, Ressourcenverschwendung und Verkehrsinfarkte - das Auto steckt nach einem Jahrhundert in der Sackgasse. Wendemöglichkeit? Ungewiss. Das Bild auf unseren Straßen, in den Zulassungsstatistiken mehr...

  • WAZ: Die Politik und der Aufschwung: Zeit zur Freude, aber nicht zum Ausruhen - Kommentar von Stefan Schulte Essen (ots) - Wenn es nicht läuft im Land, schimpfen wir auf die in Berlin. Wenn es, wie jetzt gerade, gut läuft, schimpfen wir auch auf die in Berlin. Undankbares Volk, wir. Hat die Regierung nicht auch Anrecht auf ein Stückchen vom Aufschwung? Nein, leider. Nicht diese Regierung. Den Aufschwung hat uns zu einem großen Teil die Weltkonjunktur beschert und zu einem kleinen Schröders Agenda 2010. Die neue Regierung hat in zwölf Monaten eine Reihe von Gesetzen auf den Weg gebracht, und beileibe nicht alle davon sind schlecht. Sie hat mehr...

  • Mitteldeutsche Zeitung: zu Papst-Reise Halle (ots) - Wo vielerorts der Umgang zwischen Menschen verschiedener Kulturen oder Religionen an Unkenntnis und mangelnder Toleranz scheitert, kommt dieser Reise des Papstes- und ebenso der Offenheit seiner Gastgeber- beispielhafte Wirkung zu. Die Botschaft der Demut, nicht die des Hasses und des Misstrauens, ist es, die Menschen ermutigen kann, einfach den Frieden zu wagen. So skeptisch mancher gegenüber der Kirche sein mag - an diesem Punktsieg ist nicht zu deuteln. Gewinner sind wir alle. Originaltext: Mitteldeutsche Zeitung mehr...

  • Rheinische Post: Tabak-Lobby besiegt Vernunft Düsseldorf (ots) - Von Kathrin Lenzer Rauchen tötet. Eine Bundesgesundheitsministerin sollte ihn also beweinen, den ungesunden Kompromiss, auf den sich die Koalition zum Schutz von Lungen und Zungen geeinigt hat. Ulla Schmidt bejubelt ihn als "großen Fortschritt für Deutschland" - und macht damit auch dem letzten klar, was in Deutschland tatsächlich fortschreitet: die Abhängigkeit der Parlamentarier von Lobbyisten. Nichts hat dafür gesprochen, mit Rauchern hierzulande nicht ebenso zu verfahren wie etwa in Finnland, Italien oder Spanien. mehr...

  • Rheinische Post: Neue Kauflust Düsseldorf (ots) - Von Alexander von Gersdorff Die Bürger werfen dieser Tage mit Geld um sich, als käme demnächst nicht die Mehrwertsteuererhöhung, sondern die Sintflut. Der Handel meldet Verkaufsziffern wie seit Jahren nicht mehr, einzelne Spielwaren- oder Elektroartikel werden knapp. Eine für Deutschland ungewohnte Situation. Dieser Aufschwung geht sogar 2007 weiter, trotz der Steuererhöhungs-Bremse. Darin sind sich nicht nur in- und ausländische Experten einig, sondern auch diejenigen, die es am meisten betrifft: Mittelständler mehr...

Mehr zu dem Thema Aktuelle Politiknachrichten

Der meistgelesene Artikel zu dem Thema:

LVZ: Leipziger Volkszeitung zur BND-Affäre

durchschnittliche Punktzahl: 0
Stimmen: 0

Bitte nehmen Sie sich einen Augenblick Zeit, diesen Artikel zu bewerten:

Exzellent
Sehr gut
gut
normal
schlecht