Westdeutsche Zeitung: Geduldsprobe für Patienten = von Alexander Marinos
Geschrieben am 04-12-2006 |
Düsseldorf (ots) - Das Wort Patient entstammt dem Lateinischen und bedeutet demnach "der Leidende, Erduldende". Tatsächlich wurde die Geduld der Patienten in diesem Jahr auf eine harte Probe gestellt. Erst waren es wochenlange Tarifstreits, die für Versorgungsengpässe in den Krankenhäusern sorgten. Und nun blieben gestern auch noch viele Praxen geschlossen. Wer heute zum Arzt geht, muss darum viel Zeit mitbringen - und Geduld. Beim Verständnis allerdings könnte es hapern. Den Protest gegen die Gesundheitsreform auf dem Rücken der Kranken, also der Schwächsten, auszutragen, dürften die meisten Menschen als wenig honorig empfinden, zumal es vor allem um eins geht: mehr Geld.
Natürlich ist die Gesundheitsreform verkorkst. Die Kassenbeiträge steigen. Und wenn sie das eines Tages nicht mehr tun, weil der Staat dirigistisch die Sätze festlegt, könnte sich die Versorgung verschlechtern. Niemand weiß, ob aus dem Gesundheitsfonds langfristig eine Kopfpauschale gezimmert wird oder eine Bürger-Zwangsversicherung. Dass Ärzte und Apotheker das laut und deutlich sagen, ist legitim. Doch geht es ihnen dabei wirklich in erster Linie um die Patienten?
Wenn Medizin-Studenten in Düsseldorf Passanten demonstrativ das Blutabnehmen beibringen mit dem Slogan "Besser, Sie könnens selbst", dann ist die Grenze überschritten. Vor allem alte Menschen verwechseln derlei Propaganda schonmal mit ernsthafter Information und reagieren dann verunsichert oder gar verängstigt. Besser wäre, die Protestierenden würden konkrete Vorschläge machen, wie mehr Geld gespart werden könnte. Noch immer werden unnötige Röntgen-Bilder gemacht. Noch immer werden zu viele Medikamente verschrieben, die keiner braucht. Reform beginnt in der eigenen Praxis - wenn sie denn nicht geschlossen ist.
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