Lausitzer Rundschau: Nach dem Komponisten ehren wir den Kirchenlieddichter Wolfgang Amadeus Gerhardt
Geschrieben am 28-12-2006 |
Cottbus (ots) - Die Überschrift, zugegeben, mag respektlos klingen. Aber ist es wirklich abhanden gekommene Achtung, wenn man einen Großen mit dem Habitus eines anderen Großen ehrt? Und zur Würde und zur Erscheinung eines Menschen, zu seinem Habitus eben, gehört, wenn er denn bekannt geworden ist, unverlierbar sein Name. Ein Jahr lang haben wir den Wolfgang Amadeus Mozarts besonders oft im Munde geführt. Mehr noch: Wir haben aus der Musik des Schöpfers der Kleinen Nachtmusik, des Figaro, des Don Giovanni und der Zauberflöte Freude bezogen. Alle Sparten des Staatstheaters Cottbus und viele begeisterte Laienkünstler aus der Lausitz haben mit anspruchsvollen Inszenierungen und Darbietungen, mit Spielfreude und Sangeslust sowie viel Kompetenz eine Vision hörbar gemacht, die ein Genie vor über 200 Jahren in Notensprache aufgeschrieben hat: den Gedanken vom freudvollen Leben einer friedlichen Menschheit. Das Mozartjahr hat uns spüren lassen, was das ist: Tradition. Im Wörterbuch wird sie mit Herkommen definiert. Wie sich der Einzelne an seine Kindheit oder Jugend erinnert, erinnern sich ein Volk, eine Gesellschaft, eine Zivilisation an ihre Geschichte, an ihre kulturellen und wissenschaftlichen Wurzeln. Wer weiß, woher er kommt, kann umso besser das Wohin seines Weges bestimmen. Mit Rembrandt, Schumann, Schostakowitsch, Brecht und anderen hatten wir 2006 auch weitere wichtige Wegmarkierungen, die sich gut in die Zukunft verlängern lassen. Mozart wird mit dem 1. Januar 2007 nicht in Schweigen verfallen. Sein Werk lebt wie das der anderen Jubilare des zu Ende gehenden Jahres weiter. Aber die Praxis, historische runde Geburtstage, Jubiläen also, zu feiern, ist wie ein Staffelrennen. Der Stabwechsel steht bevor. Unser Herkommen wird nun bald an anderen Namen abgehandelt. Dabei ist für die Lausitz Paul Gerhardt (1607 - 1676) von besonderer Bedeutung. Der lutherische Theologe, dessen Leben in Lübben endete, schrieb Kirchenlieder, die zu Volksliedern wurden. Mit seinem Gottvertrauen, das Gläubige auch heute zu beherztem humanen Handeln motiviert und das andere mit dem Wort Zivilcourage besetzen, trotzte er einer Kriegszeit. Was wir von Mozart lernten, Paul Gerhardt wird es ergänzen.
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