Westdeutsche Zeitung: Ein Lehrstück über Doppelmoral = Von Friedrich Roeingh
Geschrieben am 28-01-2007 |
Düsseldorf (ots) - Otto Schily hätte sich einen größeren Gefallen getan, wenn er geschwiegen hätte. Die Verteidigungsstrategie des ehemaligen Innenministers der rot-grünen Bundesregierung im Fall Kurnaz geht jedenfalls nach hinten los. Das fängt mit der widersprüchlichen Logik seiner Vorwärts-Strategie an. Entweder war es schlicht Sache des türkischen Staates, den zu Unrecht inhaftierten Kurnaz aus dem Käfig in Guantánamo zu befreien (wenngleich wir bisher dachten, Berlin pflege in Menschenrechtsfragen ein gesundes Misstrauen zur Türkei). Oder die verweigerte Hilfeleistung für den in Deutschland geborenen Türken erklärt sich aus der prekären Sicherheitslage nach den Terror-Anschlägen des 11. September 2001. Wer beide Argumente ins Feld führt, setzt sich dagegen dem Verdacht aus, ein Sammelsurium an Entlastungen zusammenklauben zu wollen.
Schilys Wortmeldung ist insofern hilfreich, als sie den isolierten Blick auf die Verantwortung des ehemaligen Kanzleramtsministers Frank-Walter Steinmeier aufgibt. Die Aufarbeitung des Falles Kurnaz ist von viel zu grundsätzlicher Bedeutung, als dass sie vom medialen Jagdfieber auf den heutigen Außenminister bestimmt oder durch die Verteidigung desselben vernebelt werden sollte. Wenn es in der politischen Betrachtung um eine Sympathieabwägung zwischen dem beliebtesten Mitglied der Bundesregierung und einem langbärtigen Außenseiter türkischer Abstammung ginge, dann hätte dieser Fall längst der öffentlichen Nichtbeachtung parlamentarischer Ausschussarbeit anheim gegeben werden können.
Tatsächlich aber steht nichts weniger als die Glaubwürdigkeit der deutschen Außenpolitik unter der rot-grünen Bundesregierung auf dem Prüfstand. Einer Bundesregierung, deren Kanzler Schröder mit seiner Amerika-kritischen Haltung seine Wiederwahl erreicht hatte. Einer Bundesregierung, deren Innenminister Schily die Zustände in Guantánamo immer wieder öffentlich anprangerte. Und einer Bundesregierung, deren Außenminister Fischer den Eltern von Murat Kurnaz versprach, sich für die Freilassung ihres Sohnes einzusetzen. Die Hinweise verdichten sich, dass diese Bundesregierung Freiheits- und Menschenrechte wortreich verteidigte, um sie im konkreten Fall beiseite zu schieben. Dabei sind Menschenrechte nur dann etwas wert, wenn sie dem einzelnen Opfer helfen. Der Fall Kurnaz ist ein Lehrstück über die Doppelmoral der rot-grünen Bundesregierung.
Originaltext: Westdeutsche Zeitung Digitale Pressemappe: http://presseportal.de/story.htx?firmaid=62556 Pressemappe via RSS : feed://presseportal.de/rss/pm_62556.rss2
Pressekontakt: Westdeutsche Zeitung Nachrichtenredaktion Telefon: 0211/ 8382-2358 redaktion.nachrichten@westdeutsche-zeitung.de
Kontaktinformationen:
Leider liegen uns zu diesem Artikel keine separaten Kontaktinformationen gespeichert vor.
Am Ende der Pressemitteilung finden Sie meist die Kontaktdaten des Verfassers.
Neu! Bewerten Sie unsere Artikel in der rechten Navigationsleiste und finden
Sie außerdem den meist aufgerufenen Artikel in dieser Rubrik.
Sie suche nach weiteren Pressenachrichten?
Mehr zu diesem Thema finden Sie auf folgender Übersichtsseite. Desweiteren finden Sie dort auch Nachrichten aus anderen Genres.
http://www.bankkaufmann.com/topics.html
Weitere Informationen erhalten Sie per E-Mail unter der Adresse: info@bankkaufmann.com.
@-symbol Internet Media UG (haftungsbeschränkt)
Schulstr. 18
D-91245 Simmelsdorf
E-Mail: media(at)at-symbol.de
51037
weitere Artikel:
- Mitteldeutsche Zeitung: zu Kreisgebietsreform in Sachsen-Anhalt Halle (ots) - 30 Millionen Euro Kosten für eine Reform, die Geld sparen soll? So paradox es klingt: Dass elf Kreise auf Anhieb billiger kommen als 21, konnte man nicht erwarten. Das Problem ist nicht, dass die Kreisgebietsreform zunächst mehr Geld kostet, sondern dass länger gezahlt werden muss als nötig. Schuld daran ist die Tatsache, dass es keinen raschen Personalabbau geben wird. Denn auf betriebsbedingte Kündigungen wird - was für den sozialen Frieden nicht unerheblich ist - verzichtet. Verzichtet wird aber auch auf finanzielle Anreize, mehr...
- LVZ: Leipziger Volkszeitung zu CDU Brandenburg Leipzig (ots) - CSU-Freunde in Bayern, schaut auf diese Brandenburger CDU! Ohne jegliches Zutun eines politischen Gegners, bei apathischem Beiseitestehen jedwedes interessierten Bürgers, zerdeppert sich der Landesverband einer Volkspartei mit Wolllust. So kann es einer Bewegung ergehen, wenn ein an sich demokratischer Wettbewerb um den Posten eines Vorsitzenden zur Spaltungsfrage eskaliert. Es ist zwar so, dass die eigentlich allmächtig erscheinende Land- und Staatspartei CSU mit diesen kleinkleckersdörflerischen Streithanseln aus der mehr...
- Rheinische Post: Kräftemessen im US-Kongress Düsseldorf (ots) - Von Frank Herrmann Nicht länger schweigen, sondern lautstark Druck machen, das war das Leitmotiv derer, die am Wochenende zum Kapitol zogen. Sicher, eine Demonstration allein ist noch keine Zäsur, aber den Stimmungswandel in Washington verdeutlicht sie schon. Denn eine echte Zäsur hat es vor drei Monaten gegeben. Und sie ist es, die den Kriegsgegnern Flügel verleiht. Seit November ist der Kongress nicht mehr Bushs mehr oder weniger williges Anhängsel. Dort haben jetzt die Demokraten Hillary Clintons, Al Gores und mehr...
- Rheinische Post: Steinbrück, politisch Düsseldorf (ots) - Von Thomas Seim Peer Steinbrück hat die Neuverschuldung gesenkt und die EU-Defizit-Kriterien erstmals wieder eingehalten. Doch das ist nur die halbe Wahrheit. Steinbrück ist auch der Finanzminister mit der größten Steuererhöhung per Mehrwertsteuer. Nun erklärt der Finanzminister, Deutschland liege mit seinen Unternehmensteuern im europäischen Mittelfeld, weitere Senkungen werde es mit ihm nicht geben. Da drängt sich die Frage auf: Warum ist Steinbrück in diesem Fall eigentlich mit dem Mittelfeld zufrieden, wo er mehr...
- Rheinische Post: Steuergewerkschaft erwartet höhere Immobilienbesteuerung Düsseldorf (ots) - Der Vorsitzende der Deutschen Steuergewerkschaft, Dieter Ondracek, geht von einer deutlich höheren Besteuerung von Immobilien nach dem für Mittwoch anberaumten Urteil des Bundesverfassungsgerichts aus. "Ich erwarte, dass das Verfassungsgericht die heutige Erbschaftsteuer für verfassungswidrig erklärt", sagte Ondracek der "Rheinischen Post" (Montagausgabe). "Immobilienwerte spiegeln im Erbfall höchstens 40 Prozent des realen Werts wider, Geldvermögen wird zu 100 Prozent angesetzt. Das kann so nicht bleiben." Ondracek mehr...
|
|
|
Mehr zu dem Thema Aktuelle Politiknachrichten
Der meistgelesene Artikel zu dem Thema:
LVZ: Leipziger Volkszeitung zur BND-Affäre
durchschnittliche Punktzahl: 0 Stimmen: 0
|