WAZ: Über ein Erziehungs-Defizit: Mit Kindern reden - Leitartikel von Ulrich Reitz
Geschrieben am 14-02-2007 |
Essen (ots) - Kinder nerven. Seltsamerweise kommen sie immer dann angelaufen, wenn wir gerade mal unsere Ruhe genießen. Wollen ständig Sachen wissen, die uns schon lange nicht mehr interessieren ("Papa, weshalb ist der Mond so weiß?"). Oder zwingen uns in eine Welt zurück, an die wir nicht einmal mehr erinnert werden wollen ("Mama, wie rechnet man das?").
Sie sprechen eine Sprache, die nicht unsere ist und von der wir uns oft angewidert distanzieren, allerdings in der irrigen Annahme, selber damals, im Alter unserer Kinder, schon so dahergeredet zu haben wie heute. Sie behelligen uns mit ihrem ungeordneten Leben, dem wir in langen Kämpfen längst unseren Plan aufgenötigt haben. Sie machen ständig Fehler, die bei uns nur Kopfschütteln auslösen; wir sind eben aus einer Erfahrung klug, die sie - Kunststück - nicht haben. Dass die Fehler unserer Kinder in der Regel leichter zu heilen sind, nehmen wir nicht wahr, obwohl wir die größeren machen, mit deren Korrektur wir so vollauf beschäftigt sind, dass es uns den Blick auf die Brut trübt.
Kinder leben, von uns aus gesehen, also in einer Parallelwelt. Zu der wollen sie uns die Tür öffnen, wir wollen aber allzu oft dort nicht rein. Stattdessen neigen wir dazu, im eigenen Interesse die Parallelwelt unserer Kinder auch noch wohnlich zu machen: der eigene Fernseher auf dem Zimmer, die erlaubten Stunden mit den Computerspielen, das frühe Handy zur Pflege der Kommunikation mit ihresgleichen. Das Meiste hilft nicht den Kindern, sondern uns.
Unsere Umwelt tut das ihrige: der Kellner im Restaurant setzt uns mit unseren Kindern in die Ecke und nötigt uns mit strafenden Blicken zur unangemessenen Ruhe-Erziehung. Väter auf dem Spielplatz gelten vielen nur samstags als Normalfall.
Kommunikation mit Kindern ist keine einfache Sache. Ein Esstisch hilft schon mal. Familien-Rituale, gemeinsame Mahlzeiten, auch. Zusammen Gottschalk gucken. Die Tochter mitnehmen auf Schalke. Den Kleinen abends vorlesen, den Großen Goethes Gedichte interpretieren. "Wie war dein Tag" fragen. Dabei lernt man selber was. Überhaupt: Kommunikation mit Kindern ist irgendwie immer auch eine Selbsterfahrungschance. Und eine zur Selbstbestätigung. Wer seinen Kindern hilft - dem zwölfjährigen Sohn zum Beispiel bei der Bewältigung des ersten Biers -, hat einen Grund, still stolz zu sein auf sich. Und bei allem hilft es zu wissen, dass Kommunikation mit Kindern ihre Grenzen hat. Denn Kinder nerven ja. Wie Eltern auch.
Originaltext: Westdeutsche Allgemeine Zeitung Digitale Pressemappe: http://presseportal.de/story.htx?firmaid=55903 Pressemappe via RSS : feed://presseportal.de/rss/pm_55903.rss2
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