Westdeutsche Zeitung: Kulturkampf um die Familienpolitik = von Christoph Lumme
Geschrieben am 22-02-2007 |
Düsseldorf (ots) - Gebärmaschinen also. Der Kulturkampf um Kinder ist entbrannt, und täglich wird die Sprache derer verletzender, die ihr wertkonservatives Familienbild bedroht sehen. Wenn der Augsburger Bischof Mixa nun proklamiert, berufstätige Mütter verwandelten sich in Fortpflanzungsautomaten, dann entlarvt dies sein frauenverachtendes, realitätsfremdes Weltbild. Nein, mit seinen Äußerungen schadet der Bischof vom katholischen Traditionsflügel nicht der Familienministerin, die mehr Betreuungsangebote für Kleinkinder anbieten möchte. Mixa schadet in erster Linie der Kirche selbst, denn er verfestigt so das Klischee einer verknöcherten Institution, die sich von der Lebenswirklichkeit abgekoppelt hat. Das ist so schade wie falsch, denn Bischof Mixa spricht - Gott sei Dank - nicht im Namen der Kirche, sondern vertritt seine persönliche Meinung. Tatsächlich sind die Gemeinden vor Ort weltoffener als Mixa und moderner als der wertkonservative Flügel der Union, weil sie durch ihre Kindergärten und Schulen täglich mit der Realität junger Familien konfrontiert werden. Sie wissen um die Angst von Eltern, durch ihre erzieherische Unabkömmlichkeit ihren Arbeitsplatz auf Dauer zu verlieren. Sie wissen um die Not Alleinerziehender, ohne Krippen-Angebote für ihre Kinder von Hartz IV leben zu müssen. Sie wissen um die Befürchtung junge Paare, sich zwischen Vollzeit-Job und Vollzeit-Erziehung aufzureiben. Und deshalb wissen die Kirchen vor Ort auch, dass sich Familienpolitik nicht hinter ideologischen Barrieren verschanzen darf. Genau dies aber ist derzeit in Deutschland geschehen. Hier die Anhänger der Karrierefrau, dort die Hüter der Mütterlichkeit an Heim und Herd: Wer heute diesen Kulturkampf anheizt wie Bischof Mixa, der konstruiert Gegensätze, die der vielschichtigen Wirklichkeit nicht gerecht werden. Jungen Eltern geht es nicht darum, ihre Kinder kaltschnäuzig abzuschieben. Sie wollen die Wahlfreiheit, die Flexibilität. Sie wollen viel Zeit mit ihrem Nachwuchs verbringen, ihm Werte vermitteln, aber doch im Beruf bleiben. Und das, ohne als Rabeneltern oder Gebärmaschinen beschimpft zu werden. Erst wenn dieser Wunsch in Deutschland nicht mehr Wunschtraum bleibt, werden sich wieder mehr junge Menschen zu Kindern bekennen.
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