Westdeutsche Zeitung: Regierungserklärung der Kanzlerin zur EU-Präsidentschaft = von Wolfgang Fischer
Geschrieben am 01-03-2007 |
Düsseldorf (ots) - Für die Kanzlerin wird die deutsche Ratspräsidentschaft der Europäischen Union zunehmend zu einem Balance-Akt. Da will sie die Vorreiterrolle der Europäer beim Klimaschutz verfestigen, stößt aber schon im eigenen Land dort an Grenzen, wo es um die Interessen der Autokonzerne geht. Merkel will aber auch die europäische Verfassung wieder in Fahrt bringen, einen Zeitplan vorlegen - ohne mit neuen Inhalten etwa bei Franzosen und Niederländern werben zu können. Schließlich setzt sie sich für das europäische Sozialmodell ein, bei dem es auch um die Verbesserung des gesellschaftlichen Zusammenhaltes geht. Doch schon im eigenen Land legt sich die Mindestlohndebatte wie Mehltau über die Koalition. Dennoch wird der EU-Frühjahrsgipfel am 8. und 9. März in Brüssel für die deutsche Kanzlerin eine der wichtigsten Etappen sein. Denn sie befindet sich am Scheideweg. Nur wenn es tatsächlich gelingt, die Staats- und Regierungschefs auf weitreichende Umweltziele zu verpflichten, die über den Kommissions-Vorschlag der Treibhausgasemissions-Reduzierung von 20 Prozent hinausgehen, wäre eine Art Durchbruch erreicht. Merkel räumt aber schon im Vorfeld Widerstände ein - die sind in den anderen EU-Ländern mindestens so groß wie in Deutschland. Es ist sicherlich vernünftig zu versuchen, angesichts der drohenden Klimaveränderungen Ökonomie und Ökologie zu versöhnen. Doch Umweltschutz ist heute schon eine Überlebensfrage. Absichtserklärungen reichen da kaum noch. Die Konzepte der deutschen Ratspräsidentschaft aber bleiben verschwommen. Als Moderatorin allein wird Merkel Europa nicht voranbringen. Diplomatische Zurückhaltung genügt nicht. Etwa wenn Merkel die Stationierung des US-Raketenabwehrsystems in ihrer Regierungserklärung ausklammert - obwohl hier die Stimme der Europäer gefragt ist, wollen sie nicht in einen neuen Rüstungswettlauf hineingezogen werden. Merkel ist um ihre Aufgabe in Brüssel nicht zu beneiden doch man darf sie nicht unterschätzen, auf internationalem Parkett hat sie ihre Sache bisher jedenfalls gut gemacht. Man kann ihr deshalb für den Frühjahrsgipfel nur Glück und mehr Fortune als bei ihrer Regierungserklärung im Bundestag wünschen.
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