LVZ: Tödliche Lehre
Geschrieben am 01-03-2007 |
Leipzig (ots) - Von André Böhmer Der Erfolg kennt immer viele Väter. So betrachtet können die Polizeidirektionen Leipzig und Westsachsen zu Recht die Urheberschaft der beendeten Flucht des mutmaßlichen Kindermörders Uwe Kolbig für sich reklamieren. Selbst wenn die Fahnder ihn nicht unmittelbar gefasst haben, sondern als Schwerverletzten von einem Straßenbahnfahrer "präsentiert" bekamen. Es ist am Ende müßig darüber zu spekulieren, warum der von hunderten Einsatzkräften in die Enge Getriebene kapitulierte. Wichtig ist allein, dass die Zermürbungstaktik der Polizei knapp eine Woche nach dem Mord an dem Neunjährigen ihre Wirkung entfaltet hatte. Nicht nur für die direkt betroffene Familie des Ermordeten ist damit zumindest ein Fünkchen Erleichterung verbunden. Wenngleich der Schmerz einer Mutter und eines Vaters, die ihr Kind unter solchen Umständen verlieren, durch die Festnahme des mutmaßlichen Täters nur marginal gelindert werden kann. Das Ende der Flucht von Uwe Kolbig ist zugleich ein positives Signal an Freunde, Mitschüler, Eltern und Nachbarn des kleinen Mitja. Für sie ist damit der erste Schritt in die Normalität verbunden. Eine knappe Woche stand eine ganze Region unter dem Schock dieses grausamen Verbrechens, das Aufatmen ist deshalb groß. Jetzt kann und muss die Aufarbeitung beginnen. Dazu gehört auch das Verständnis für unbequeme Wahrheiten. Eine Gesellschaft, an deren Rand sich der mutmaßliche Mitja-Mörder bewegte und deren Regeln er ignorierte, versucht jetzt in Form bester ärztlicher Betreuung im Leipziger Klinikum St. Georg alles, um seine Gesundheit wieder herzustellen. Lebensnotwendige Hilfe von Spitzen-Medizinern für einen schwerverletzten Patienten, dem das Leben eines Kindes für die Befriedigung des eigenen Triebes offensichtlich nicht das geringste wert war - das ist für viele ein unerträglicher Gedanke. Die Rufe nach schneller und in dieser Logik tödlicher Rache sind dann nicht weit. Es gehört aber zur moralischen und rechtlichen Basis unseres Wertesystems, dass auch der schlimmste Mörder Anspruch auf ein juristisch sauberes Gerichtsverfahren hat. Erst ein richterlicher Spruch kann Schuld und Strafmaß feststellen. Zu den Folgen des Falles Mitja zählt, dass durch den Mord die Debatte über den Umgang mit rückfälligen Sexualstraftätern neuen Schwung erhält. Wenn aus Mitjas Tod eine Lehre gezogen werden kann, dann diese:Der Schutz vor pädophil veranlagten Tätern muss gesetzlich straffer gefasst werden. Die von Sachsens Justizminister Mackenroth geforderte Verlängerung der Führungsaufsicht nach der Haftentlassung sollte mit einer bundesweiten Regelung umgesetzt werden. Es kann nicht angehen, dass ein vorbestrafter Kinderschänder über eine ABM-Stelle im Kleinzoo einer Grundschule arbeiten darf. Hier haben die Kontrollmechanismen versagt. Ob die populistisch anmutende Forderung von CSU-General Söder nach einem lebenslangen Wegsperren aller pädophilen Straftäter in der Debatte sachlich weiterhilft, mag dahingestellt sein. Auf jeden Fall sollte das Wegsperren für immer mehr als bisher eine Option sein. Für Mitjas Eltern kommt das freilich zu spät. Sie mussten die Lücken bei der Überwachung eines vorbestraften Kinderschänders mit dem Leben ihres Sohnes bezahlen.
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