Westdeutsche Zeitung: Wer ist grüner als die Grünen? = von Martin Vogler
Geschrieben am 04-03-2007 |
Düsseldorf (ots) - Die Fremdenverkehrsdirektoren von Westerland bis Garmisch haben bestimmt eine Flasche Sekt entkorkt. Der stammte natürlich aus Deutschland. Champagner wäre auch teurer, aber vor allem wäre der nicht so schön patriotisch und wegen der längeren Transportwege ökologisch im Nachteil. Denn plötzlich sind Begriffe wie Heimat, Bodenständigkeit und eben Urlaub in Deutschland überhaupt nichts Muffiges mehr, sondern trendig. Weltoffen und aufgeklärt für den Schutz der Umwelt eintreten und sich gleichzeitig nicht mehr in der Welt umschauen diese scheinbaren Gegensätze finden plötzlich im öffentlichen Bewusstsein zusammen. Wir haben verstanden, dass wir den Kampf gegen den Klimawandel führen müssen. Selbst wenn wir gar nicht mit Sicherheit wissen, wie bedrohlich sich die Situation wirklich darstellt, ist das richtig. Allerdings sollten wir Hysterie vermeiden. Beispiel Fliegen: Ein Prozent des weltweiten Ölverbrauchs wird dafür verwendet. Wir neigen jetzt aber dazu, diese Form des privaten und geschäftlichen Reisens pauschal zu verteufeln. Denn neben dem sinnvollen Wettlauf gegen den Klimawandel beginnt ein teils absurder Wettlauf um die ausgefallensten Ideen dafür. Fast jeder will noch ökologisch korrekter agieren, als es die Grünen jemals taten. Wahrscheinlich diskutieren wir bald über Fahrverbote an geraden, ungeraden, besonders sonnigen oder besonders trüben Tagen? Nachdem die steuerliche Pendlerpauschale stark beschnitten wurde, könnte man sie doch gleich in eine Pendler-Umweltschutz-Strafsteuer umwandeln? Wetten: Es wird Vorschläge dieser Art geben. Deren Für und Wider sinnvoll abzuwägen, wird problematisch sein. Denn Vernunft hat gegen den pauschalen Vorwurf, die Umwelt zu zerstören, keine Chance. Trotz aller Gefahren, die durch einen Klimawandel drohen, sollten wir Augenmaß bewahren. Gängelungen und Verbote wären der falsche Weg. Es geht auch anders: Die Menschen fahren freiwilliger weniger Auto, wenn die Bahn attraktiv ist. Und Billigflüge zum Taxipreis müssen nicht gleich verboten werden. So etwas regelt der Markt mittelfristig von selbst, etwa wenn Fluggesellschaften merken, dass sich Dumpingpreise auf Dauer nicht rechnen.
Martin Vogler Geschäftsführender Redakteur WESTDEUTSCHE ZEITUNG Tel.: 0211/ 8382-2373 Mobil: 0171/ 5841933 Fax: 0211/ 8382-2392 E-Mail: martin.vogler@westdeutsche-zeitung.de Internet: www.wz-newsline.de
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