LVZ: Die Leipziger Volkszeitung zu Steinbach/Flucht/Vertreibung -
Geschrieben am 06-03-2007 |
Leipzig (ots) - Von Armin Görtz. Bewegend? Ja. Ein Anlass zur Aufregung? Nein. Das Fluchtdrama hat einerseits der ARD eine enorme Zuschauerquote gebracht, andererseits keine Kontroverse ausgelöst. Dabei war der Erfolg absehbar. Der Umgang deutscher Filmemacher mit der Vergangenheit ist oscartauglich, und nicht nur fürs Kino, auch im Fernsehen wird hier zu Lande Historisches in hoher Qualität umgesetzt. Ob Bomben auf Dresden, Tunnelbau unter der Mauer, Sturmflut in Hamburg - die Deutschen saßen millionenfach vor den Bildschirmen. Sie sind keineswegs geschichtsverdrossen, wenn Berührendes spannend erzählt wird. Also ließen sich die Nachgeborenen vom Fluchtfilm mitreißen. Ein Treck auf dem Eis. Kinder im Kugelhagel. Frauen, gepeinigt von Rotarmisten. Manche Bilder waren kaum auszuhalten. Die Erinnerung an solches Grauen löst längst keinen Streit mehr aus. Die Gefahr, dass die aufwühlende Darstellung deutschen Leids womöglich Holocaust und NS-Terror relativieren könnte, ist nicht auszumachen. Erst recht, weil der Film Zusammenhänge nicht aus dem Blick verlor und das von den Nazis - auch gegenüber dem eigenen Volk - begangene Unrecht eindrucksvoll schilderte. Tod und Schmerz lassen sich ohnehin nicht gegeneinander aufrechnen, weil jeder Tod und jeder Schmerz einmalig ist. Deutsche als Opfer im Krieg - das zu thematisieren, zählt zur Normalität. 17 Jahre nach der Einheit und acht Monate nach dem schwarz-rot-goldenen Sommermärchen zeigt die Bundesrepublik anhaltend gesundes Selbstbewusstsein - auch, wenn es um Geschichte geht. Die Auseinandersetzung mit den Verbrechen beider deutscher Diktaturen bleibt eine dauerhafte Aufgabe, doch jede andere Seite des Geschichtsbuchs lässt sich ebenfalls tabulos aufblättern. Allenfalls gezielte Provokationen lösen Wirbel aus: Wenn polnische Radikalinskis Merkel auf einem Titelbild einen Hitler-Bart verpassen oder wenn die Vertriebenen-Präsidentin Steinbach - vor einiger Zeit ähnlich wie Merkel diffamiert - Warschaus Regierungsbündnis mit Rechtsextremisten vergleicht. Hinter derlei kruden Attacken stecken beiderseits unbegründete Ängste. Zum einen sollte der Rechtsstreit einiger Vertriebenen-Hardliner um verflossenes Ost-Eigentum die Polen wenig sorgen. Ein solches Justiz-Scharmützel ist belanglos, gemessen an den Chancen, die sich für das EU-Mitgliedsland durch ausländische Investoren - auch aus Deutschland - ergeben. Zum andern liebt Steinbach Paukenschläge und wird dabei von der Furcht getrieben, Flucht und Vertreibung könnten von kommenden Generationen vergessen werden. Eine Sorge, die ebenso absurd ist wie der Streit um das von Steinbach in Berlin geplante Zentrum gegen Vertreibungen. Denn das dürfte sich wenig von dem unterscheiden, was die Bundesregierung parallel vorbereitet: Eine Dauerausstellung in der Hauptstadt, die auf der derzeit im Zeitgeschichtlichen Forum Leipzig präsentierten Schau "Flucht, Vertreibung, Integration" basiert. Die hat mit dem Film übrigens zweierlei gemein. Sie ist erstens bewegend und zweitens kein Anlass zur Aufregung.
Originaltext: Leipziger Volkszeitung Digitale Pressemappe: http://presseportal.de/story.htx?firmaid=6351 Pressemappe via RSS : feed://presseportal.de/rss/pm_6351.rss2
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