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Kinderschutzbund fordert Netzwerk "Frühe Hilfen"

Geschrieben am 05-05-2007

Hannover/Gütersloh (ots) -

Auf den Kinderschutztagen wurde folgende Resolution verabschiedet:

Der Deutsche Kinderschutzbund fordert Bund, Länder und Gemeinden
auf, endlich umfangreiche integrierte Hilfeleistungen vielfältigster
Art aus dem Sozial- und Gesundheitsbereich als Leistungen aus einer
Hand anzubieten. In einer zunehmend komplizierter gewordenen Welt von
Zuständigkeiten verschiedenster Träger sind viele Familien nicht in
der Lage, für sie angemessene Hilfen nachzufragen bzw. sie ggf.
einzufordern. Hier sind über alle Zuständigkeitsregelungen hinweg
differenzierte aktivierende Hilfeangebote vorzusehen, die mit
Nachdruck für diese Familien bereitgestellt werden.

Der DKSB verfolgt mit zunehmender Sorge die politischen Reaktionen
auf drängende Probleme von Kindern, die gekennzeichnet sind von
Einzelaktionen, vorgeblichen Patentlösungen, Restriktionsandrohungen
gegen Eltern und Installation immer neuer Modellprojekte. Dazu kommt
eine polarisierte politische Diskussion über Kinderbetreuung und die
Konzipierung früher Hilfen für junge Familien.

Der DKSB fordert die Bundesregierung und die im Bundestag
vertretenen Parteien auf, sich der in der UN-KINDERRECHTSKONVENTION
festgelegten und auch von Deutschland anerkannten Verpflichtungen
bewusst zu sein, an ihrer Verwirklichung zu arbeiten und Politik für
Kinder ausschließlich an deren Bedürfnissen zu orientieren. Die
Vorbehalte der Bundesrepublik Deutschland gegen die
UN-Kinderrechtskonvention sind unverzüglich zurückzunehmen.

Insbesondere fordert der DKSB

1. gemäß Art. 18 Abs. 1 der UN-KINDERRECHTSKONVENTION den
Grundsatz sicherzustellen, dass beide Elternteile gemeinsam für
die Erziehung und Entwicklung des Kindes verantwortlich sind.

Die aktuelle Diskussion über den Ausbau eines
Kinderkrippenangebotes wird einseitig zu Lasten der Mütter geführt.
Die Verantwortung beider Elternteile für das Kind wird kaum sichtbar.
Es entspricht den grundsätzlichen Bestimmungen des deutschen
Familienrechts, dass die Eltern in gegenseitiger Respektierung ihrer
persönlichen Situation die Aufgabe der Erziehung und Versorgung
innerhalb der Familie in gegenseitigem Einvernehmen wahrnehmen.

2. gemäß Art.18 Abs. 2 der UN-KINDERRECHTSKONVENTION die zur
Gewährleistung und Förderung der in diesem Übereinkommen festgelegten
Rechte der Kinder und die zur Unterstützung der elterlichen
Erziehungsaufgaben notwendigen Institutionen, Einrichtungen und
Dienste zur Betreuung von Kindern auszubauen oder zu schaffen.
Allerdings müssen solche Angebote, insbesondere die
Kindertagespflegestellen und die institutionelle
Kindertagesbetreuung als fachlich und finanziell gleichwertig
ausgestattet werden. Die durch solche Angebote initiierten und
verstärkten Bildungs- und Sozialisationsprozesse sind eine wichtige
Erweiterung der von den Eltern gewünschten und vielfach auch
begonnenen Bildungs- und Entwicklungsverläufe. Für viele Kinder
stellen sie aber auch eine wichtige Kompensierung elterlicher
Versäumnisse und Fehlhaltungen dar.

Es wird zunehmend deutlich, dass viele Kinder allein durch ihre
Eltern nicht in dem erforderlichen Umfang gefördert werden können,
der ihnen ein Aufwachsen unter bestmöglichen Bedingungen erlaubt.
Insbesondere Eltern, die durch Armut, Arbeitslosigkeit oder
mangelnde eigene Bildung benachteiligt sind, bedürfen der
Unterstützung durch die staatliche Gemeinschaft. Aber auch neuere
Ergebnisse der Entwicklungs- und Bindungsforschung machen deutlich,
dass Eltern nicht allein gelassen werden dürfen. Deshalb muss die
aktuelle Diskussion über Frühförderung und Betreuung losgelöst werden
von den berechtigten Interessen an der Berufstätigkeit beider Eltern
und orientiert werden an den Bedürfnissen der Kinder. Nur so ist der
gravierenden Chancenungleichheit, die sich mit immer weiter
steigender Armut ständig verschärft, dauerhaft zu begegnen. Der DKSB
fordert den ungehinderten Zugang zu hochwertigen
Betreuungseinrichtungen ausschließlich an den Bedürfnissen der Kinder
zu orientieren.

3. das Recht des Kindes auf ein erreichbares Höchstmaß an
Gesundheit sowie auf Behandlung von Krankheiten und zur
Wiederherstellung der Gesundheit anzuerkennen. Keinem Kind darf das
Recht auf eine ganzheitliche Förderung seiner Gesundheit im Sinne der
WHO vorenthalten werden. Art. 24 Abs. 2 der UN-KINDERRECHTSKONVENTION
zählt hierzu insbesondere

- den Ausbau einer gesundheitlichen Grundversorgung
- Bekämpfung von Krankheiten sowie Unter- und Fehlernährung
- Ausbau der Gesundheitsvorsorge und der Elternberatung.

Darüber hinaus erwartet der DKSB, dass im Sinne einer
ganzheitlichen Förderung der Gesundheit ausgebaut oder initiiert
werden

- Aufklärung über die Bedeutung der Kindergesundheit durch
öffentliche Kampagnen, aufsuchende Hilfen für junge Eltern und
Risikofamilien
- Ergänzende, gesundheitsbezogene Hilfen für Kinder in
Armutsfamilien, z.B. Mittagessen in Eltern-Kindzentren,
Kindertagesstätten und Schulen, Übernahme von Beiträgen für
Sportvereine, Anerkennung eines Sonderbedarfes für
Kindersportkleidung beim Bezug von Sozialgeld
- Vermittlung von Kenntnissen über die Gesundheit und Ernährung
eines Kindes
- Kind- und familiengerechte Gesundheitsbildung z.B. in
Eltern-Kindzentren, Kindertagesstätten und Schulen

Der DKSB fordert daher eine umfassende zielgruppenspezifische
Zusammenarbeit von Sozial- und Gesundheitsdiensten, um eine
bestmögliche Förderung aller Kinder zu gewährleisten. Dabei kann es
nicht darum gehen, immer neue sog. Modellprojekte zu entwickeln,
sondern

- Regionale Hilfenetze aufzubauen und bereits vorhandene zu
optimieren
- diese regionalen Hilfenetze an dem Bedarf und den
defizitären Strukturen ausgewiesener Sozialräume auszurichten
- die Kommunen und Landkreise bei dem Aufbau solcher
Unterstützungs- und Hilfesysteme fachkundig zu begleiten (vg.
DJI: Abschlussbericht : Kurzevaluation von Programmen zu Frühe
Hilfen für Eltern und Kinder und sozialen Frühwarnsystemen in
den Bundesländern, 18.1.2007, S. 77).

Die aktuelle Entwicklung wird nach Auffassung des DKSB zu sehr
davon bestimmt, dass die Folgen und Begleiterscheinungen von Armut
und anderen sozialen Problemlagen auf rein medizinische bzw.
gesundheitliche Fragestellungen reduziert werden. Die
gesundheitlichen Probleme sind aber bei genauerer Analyse in vielen
jungen Familien Teil eines sehr umfänglichen sozialen
Problemzusammenhangs und können demzufolge auch nur in einer engen
Zusammenarbeit zwischen den Gesundheitsdiensten und den
Sozialdiensten gelöst werden.

Der DKSB hält es in jedem Fall für geboten, die Wirksamkeit der zu
entwickelnden Hilfen sorgfältig und regelmäßig auszuwerten.

Originaltext: Deutscher Kinderschutzbund e.V.
Digitale Pressemappe: http://presseportal.de/story.htx?firmaid=34324
Pressemappe via RSS : feed://presseportal.de/rss/pm_34324.rss2

Pressekontakt:
Deutscher Kindeschutzbund - Bundesverband e.V.
Paula Honkanen-Schoberth
Hinüberstr. 8
30175 Hannover
Tel: 0171/265 09 49


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