LVZ: Leipziger Volkszeitung zu Wahl/Bremen
Geschrieben am 13-05-2007 |
Leipzig (ots) - Die Verlierer der einzigen Landtagswahl dieses Jahres sind zwei große Koalitionen. Die in Bremen und die in Berlin. Sowohl die SPD als auch die CDU mussten an der Weser kräftig Federn lassen, weil ihre 12-jährige Regierungsbilanz mager ausfällt. Und von der großkoalitionären Bundespolitik war kein begeisternder und mobilisierender Rückenwind auszumachen. Da ist die niedrige Wahlbeteiligung nicht verwunderlich. Beruhigend ist, dass vom Bürgerfrust diesmal keine rechtsextremen Gruppierungen Aufwind bekommen, die - in Bremen jedenfalls - selbst ihre Funktion als Sammelbecken des Protests verlieren. Deutliche Profiteure des anhaltenden Schrumpfungsprozesses der Volksparteien sind die Grünen und die Linkspartei. Die Öko-Partei darf jetzt hoffen, neuer Juniorpartner der Sozialdemokraten zu werden. Die Linkspartei will und darf zwar nicht mitregieren, dennoch hat sie einen historischen Durchbruch geschafft: Zum ersten Mal zieht sie in ein westdeutsches Landesparlament ein. Dies trifft die Sozialdemokraten hart, die als Regierungspartei derzeit immer mehr ihrer Wähler an die gefährlich populistischen ehemaligen Realsozialisten verlieren. Noch dramatischer fällt die Analyse des Bremer Urnengangs für die CDU aus: Obwohl - oder weil - sie sich immer stärker sozialdemokratisierte und als treuer Dackel ihres großen Regierungspartners statt als inhaltlich eigenständig präsentierte, wurde sie vom Wähler abgestraft und muss nun sogar um ihren Platz am Futternapf der Senatoren-Macht zittern. Das bürgerliche Lager, CDU und FDP zusammen, erreicht nicht einmal ein Drittel der Wählerstimmen. CDU-Spitzenkandidat Thomas Röwekamp war schwach und blass, aber auch von einem Merkel-Bonus der in Umfragen hochfliegenden Kanzlerin war nichts zu spüren. Der Versuch der CDU-Vorsitzenden und ihres Generalsekretärs Pofalla, die Christdemokraten durch das Räumen bisheriger Positionen zur Großstadtpartei zu machen, ist erneut gescheitert. Dass die Bremer Wähler trotz hoher Arbeitslosigkeit, erschreckender Verschuldung und wachsender Armut ausgerechnet der seit Jahrzehnten durchregierenden SPD am ehesten eine erneute Regierungsführung zutrauen, ist vornehmlich deren souverän bescheidenen Spitzenkandidaten Jens Böhrnsen zu verdanken. Der Wahlverlierer SPD ist im Gegensatz zur CDU nun in der komfortablen Situation, sich einen Regierungspartner aussuchen zu können. Inhalte und politische Grundsympathien sprechen aus der Sicht vieler Bremer Sozialdemokraten für ein Bündnis mit den Grünen. Auch im Bund könnte man der CDU zeigen, dass es auch anders geht. Aber die Grünen könnten sich als sehr viel selbstbewussterer Koalitionspartner erweisen als die handzahme CDU, die im Senat nun noch mehr Kompromisse an die SPD machen müsste. Sie würde hochgradig erpressbar, weil die SPD jederzeit mit Koalitionswechsel drohen könnte. Will sich die CDU an der Weser als zukünftige Alternative profilieren, muss sie in die Opposition gehen. Die SPD hingegen müsste mit einem grünen Koalitionspartner fürchten, weniger Subventionszusagen in Berlin durchsetzen zu können. Einiges ist möglich an der Weser.
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