Müntefering: "Die FDP war meine Zweitpartei"
Geschrieben am 05-06-2007 |
Hamburg (ots) - Franz Müntefering hält eine sozialliberale Koalition nach der nächsten Bundestagswahl für möglich. Die FDP sei in jungen Jahren seine "Zweitpartei" gewesen, erklärt der Vizekanzler der ZEIT. "Ich finde, dass die FDP - wie die Grünen - im Bereich der Menschenrechte eine überzeugende Position einnimmt. Damit könnte ich arbeiten. Insofern gibt es Schnittmengen: gegen Diskriminierung, für Toleranz, gegen die Verhunzung liberaler Ideen. Dazu gehört auch der Abstand zu reaktionär-konservativem Gedankengut." Zu einer möglichen Koalition 2009 sagt der Vizekanzler: "Außer mit der PDS/ML, also: mit Lafontaine, sind im Bund alle Bündnisse prinzipiell möglich."
Der Arbeits- und Sozialminister weiter: "Mit 20 war meine Zweitpartei nach der SPD die FDP. Ich habe sie als Partei empfunden, die etwas mit Aufklärung zu tun hat." 1969 sei die sozialliberale Koalition für ihn "eine natürliche Verbindung" gewesen. 1961 habe er die FDP sogar einmal kommunal gewählt, so Müntefering. Er selbst habe sich im Alter zwischen 20 und 25 von der eigenen Sozialisation befreit: "Das hatte auch mit Kirche und mit einer falschen, reaktionären Moral zu tun, die, wie ich heute weiß, nicht zwingend mit Kirche verbunden sein muss. Freiheit ist mir seitdem das Wichtigste."
Müntefering räumt zugleich ein Versagen der SPD bei der deutschen Einheit ein: "Als die deutsche Einheit kam, hatte Willy Brandt Tränen der Freude in den Augen. Auch Johannes Rau und Hans-Jochen Vogel. Auf manche von uns Jüngeren traf das auch zu, aber andere standen ziemlich ratlos da. Nicht alle unsere Reaktionen waren spontan so sympathisch, wie man sich das heute wünschen würde. Da offenbarte sich Unfähigkeit, mit der Situation gut umzugehen.
Die selbstgerechte Freude von Konservativen, die die Niederlage des Kommunismus als eine moralische Rechtfertigung des Kapitalismus sahen, hat die Sache für uns erschwert. Aber das ist keine Entschuldigung. Mehr laute Freude, dass die, die unter den Kommunisten so gelitten hatten, eine Chance auf Freiheit bekamen, wäre angemessen gewesen. Da waren im Westen -nicht nur in der SPD - manche zu sehr taktisch und fiskalisch-rechnerisch unterwegs." Er frage sich manchmal, "was die ostdeutschen Freunde von uns in dieser Zeit gedacht haben", so Müntefering.
Das komplette ZEIT-Interview der ZEIT Nr. 24 vom 6. Juni 2007 senden wir Ihnen gerne zu.
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