Südwest Presse: Kommentar zu Landenöffnungszeiten
Geschrieben am 11-06-2007 |
Ulm (ots) - Drei der Zehn Gebote stehen im Strafgesetz: die Verbote des Tötens, des falschen Zeugnisses und des Stehlens. Andere unterliegen nur noch der menschlichen Unzulänglichkeit wie die, die Eltern zu ehren, die Ehe nicht zu brechen und die Frauen anderer nicht zu begehren. Ein einziges Gebot hat es bis ins Grundgesetz geschafft: "Du sollst den Feiertag heiligen", hat Luther ziemlich frei das dritte übersetzt. Artikel 140 nennt den Sonntag als Tag der Arbeitsruhe und der "seelischen Erbauung gesetzlich geschützt". Darf also das Land Berlin die Ladenschließung an zehn Sonntagen im Jahr, darunter allen im Advent, aufheben? Das wollen die Kirchen vom Bundesverfassungsgericht wissen. Doch es geht nicht nur um die Kirchen und ihre Gebote, die sie, wie man unterstellen könnte, auch den Muslimen und Atheisten aufdrücken wollen. Es geht um den Rhythmus unserer Kultur, ja, unseres ganzen Lebens. Der Slogan der Kirchen, ohne Sonntag wäre nur noch Werktag, stimmt vollständig, auch wenn viele Berufe der Daseinsvorsorge und des öffentlichen Dienstes schon immer auch sonntags bereitstehen mussten - und es auch tun. Dennoch blieb und ist der Sonntag immer ein besonderer Tag. Und deswegen will man gerade als jemand, der die strengen Ladenöffnungszeiten an Werktagen für ein unzulässiges Diktat der Politik und der Gewerkschaften gehalten hat, den Kirchen bei ihrer Klage alles Gute wünschen.
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