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Westdeutsche Zeitung: Konjunktur = von Alexander Marinos

Geschrieben am 14-06-2007

Düsseldorf (ots) - Nein, von einem Schröder-Aufschwung zu
sprechen, wäre doch zu viel der Ehre für den früheren Bundeskanzler.
Die Hartz-Reformen, für die Rot-Grün abgewählt wurde, haben den
Aufschwung nicht ausgelöst. Aber sie verstärken ihn. Zudem ist die
Beschäfigungsschwelle gesunken. Das allein ist ein großer Erfolg, auf
den Schröder stolz sein kann und der die Bundesregierung
verpflichtet, bei den Reformen nicht nachzulassen.
Zugegeben: Der Boom nährt sich selbst. Er wird getragen von einer
Binnennachfrage, die durch die sinkende Arbeitslosigkeit und die
steigenden Löhne befeuert wird. Die Unternehmen investieren kräftig,
und die bislang vorliegenden Lohnabschlüsse sind, anders als
befürchtet, eher moderat. Doch auch die schönste Party ist irgendwann
vorbei. Was ist also zu tun?
1. Der Arbeitsmarkt muss weiter flexibilisiert werden. Dass die
Unternehmen so massiv auf Zeitarbeit setzen, um den Kündigungsschutz
zu umgehen, ist ein Zeichen für zu viel Regulierung.
2. Das Steuersystem gehört endlich vereinfacht. Es ist doch grotesk,
dass die einfache Steuererklärung mit Computerunterstützung ein bis
zwei Tage Zeit frisst und die Menschen dazu verführt, zu lügen und zu
betrügen. Eine bescheidene Nettoentlastung der Bürger in zwei, drei
Jahren würde der Konjunktur zusätzlich Schwung verleihen - und zu
mehr, nicht zu weniger Steuereinnahmen führen.
3. Diese Regierung hat die riesige Chance, die Familienpolitik auf
eine neue Basis zu stellen. Wenn es gelingt, Frauen und Männern
attraktive Angebote für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu
machen, dann wird die demographische Katastrophe ausbleiben.
4. Nichts schafft mehr Zukunft als Investitionen in Bildung. Es ist
ein Skandal, dass in Deutschland noch immer die soziale Herkunft über
Bildungschancen entscheidet. Differenzierung statt Auslese ist
gefragt. In einer Wissensgesellschaft sollte jeder hochgebildet sein,
der Handwerker ebenso wie der Wissenschaftler oder der Arbeiter in
der hypermodernen Fabrik. Unterschiedliche Fähigkeiten sind gefragt;
wir können es uns aber nicht leisten, dass jemand nur die Fähigkeit
besitzt, einen Hartz-IV-Antrag auszufüllen - auch wenn das künftig
hoffentlich weniger oft passiert als heute.

Originaltext: Westdeutsche Zeitung
Digitale Pressemappe: http://presseportal.de/story.htx?firmaid=62556
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Telefon: 0211/ 8382-2358
redaktion.nachrichten@westdeutsche-zeitung.de


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