Wiesbadener Kurier: Kommentar zum Bundespräsident
Geschrieben am 25-06-2007 |
Wiesbaden (ots) - Das Thema kommt sonst für gewöhnlich auf, wenn die Wahl des Bundespräsidenten ansteht und das gelegentlich unwürdige Gerangel um die Besetzung des protokollarisch wichtigsten Postens in unserem Land das Amt eher beschädigt. Zur Abwechslung hat diesmal der Bundespräsident selbst die Diskussion über die Direktwahl des Staatsoberhaupts angestoßen noch dazu mitten in seiner Amtszeit. Die Reaktionen sind verhalten. Parteipolitiker lassen sich nicht gerne ihre Pfründen nehmen, befürchten gar eine Verschiebung des Machtzentrums weg vom Kanzleramt stärker hin zum Schloss Bellevue. SPD-Generalsekretär Heil wiederum meint, eine Direktwahl in dieses Amt stehe "in keinem Verhältnis zu seinen Aufgaben". Das kann man so verstehen, dass das Amt nicht wichtig genug sei, um gleich das ganze Volk zu bemühen. Vielleicht ist er damit so weit nicht von der Wirklichkeit entfernt, denn die Befugnisse des Präsidenten sind begrenzt. So lenkt die ganze Diskussion ein wenig davon ab, dass es ganz andere Bereiche gäbe, bei denen mehr direkte Beteiligung der Wähler wünschenswert wäre. Die Möglichkeiten, in inhaltlichen Fragen in das Gesetzgebungsgeschehen einzugreifen Stichwort Volksentscheid , sind auf Bundesebene nicht vorgesehen. Vorstellbar wäre auch, Bundestag und Bundesrat zeitliche Vorgaben für Gesetzesvorhaben zu setzen, um jahrelanges Gewürge wie um die Gesundheitsreform zu vermeiden. Nach Ablauf der Frist wird das Volk gefragt. Mehr Unmittelbarkeit zwischen Wählern und Politikern könnte auch das Mehrheits- statt des geltenden Verhältniswahlrechts schaffen. Parteiunabhängige Kandidaten haben darüber hinaus bei uns keine ernsthaften Wahlchancen. Den Parteien hingegen laufen die Mitglieder weg. Und wenn es schon um eine Person gehen soll: Warum dann nicht den Kanzler direkt wählen? Wer wirklich mehr Bürgerbeteiligung schaffen will, sollte in diese Richtung denken. Auch wenn der Amtsinhaber das Thema selbst angestoßen hat: Die Diskussion allein am Amt des Bundespräsidenten festzumachen, geht über die Alibi-Funktion nicht hinaus.
Originaltext: Wiesbadener Kurier Digitale Pressemappe: http://presseportal.de/story.htx?firmaid=64428 Pressemappe via RSS : feed://presseportal.de/rss/pm_64428.rss2
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