Allg. Zeitung Mainz: Ein ziemlicher Schluck (zum Bahnabschluss)
Geschrieben am 09-07-2007 |
Mainz (ots) - Es scheint, als habe Bahnchef Mehdorn schnell die Hände frei bekommen wollen, um sich auf sein aktuelles Hauptproblem, die Lokführer, konzentrieren zu können. Wie anders kann man sonst einen Tarifabschluss interpretieren, der der wirtschaftlichen Situation der Bahn AG längst noch nicht angemessen ist? 4,5 Prozent mehr Lohn und Gehalt für die 134 000 Mitarbeiter ab 1. Januar 2008, bis dahin 600 Euro Einmalzahlung auf die Hand und eine Laufzeit von dann 19 Monaten sind ein ausgesprochen kräftiger Schluck aus der Pulle. Sicher hat Europas größtes Verkehrsunternehmen mit 2006 ein exzellentes Jahr hinter sich, die Kennzahlen sind nach vielen schweren Jahren jeden Applaus wert. Doch es darf nicht vergessen werden, dass in der Bilanz eben auch noch 20 Milliarden Euro an Schulden stehen. Bahnchef Hartmut Mehdorn, der vielgescholtene, ihm scheint sehr daran gelegen zu sein, "seine" Bahn auf Touren zu halten. Denn sein Ziel ist der Börsengang spätestens 2009, und da müssen Umsatz und Ertrag stimmen. Das werden sie auch, denn Deutschland und der Rest der Welt erleben einen spektakulären Wirtschaftsaufschwung. Da sind verfügbare Transportkapazitäten unschätzbare, weil unverzichtbare Erfolgsfaktoren. Genau dies dürfte Mehdorn gegenüber den großen Eisenbahnergewerkschaften Transnet und GDBA milde gestimmt haben. Überdies hat ihn sein gerade bis 2011 verlängerter Vertrag - er wird dann 69 Jahre alt sein - ausgesprochen unabhängig gemacht. Wem man die Zukunft des Noch-Staatsunternehmens Bahn so ohne Wenn und Aber in die Hände legt, der traut sich dann eben auch etwas. Nun darf man gespannt sein, wie er mit den Lokführern ins Reine kommen will. 31 Prozent mehr Lohn und Gehalt sind trotz allen Nachholbedarfs, trotz aller hohen Verantwortung, die diese Menschen zweifelsfrei tragen, absolut indiskutabel. Selbst die Hälfte wäre ein Signal, das diese Volkswirtschaft keinesfalls verträgt. Hartmut Mehdorn muss die Sache deshalb jetzt in vernünftige Bahnen leiten, und zwar nicht nur zum Wohl "seiner" Bahn.
Originaltext: Allgemeine Zeitung Mainz Digitale Pressemappe: http://presseportal.de/story.htx?firmaid=65597 Pressemappe via RSS : feed://presseportal.de/rss/pm_65597.rss2
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