Börsen-Zeitung: Anmaßender Staat, Kommentar von Bernd Wittkowski zur Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts über den automatisierten Kontenabruf
Geschrieben am 12-07-2007 |
Frankfurt (ots) - Mit ihren Verfassungsbeschwerden gegen den automatisierten Kontenabruf haben die Volksbank Raesfeld und andere Beschwerdeführer einen respektablen Teilerfolg errungen. Nicht allein, weil das Bundesverfassungsgericht hinsichtlich der Erhebung von Stammdaten in sozialrechtlichen Angelegenheiten einen Verstoß gegen den Bestimmtheitsgrundsatz konstatiert und den Gesetzgeber zur Korrektur verpflichtet. Sondern vor allem, weil schon die Beschwerden als solche vor zwei Jahren dazu geführt haben, dass der Angriff auf Bürger und Banken abgemildert wurde.
Nach den ursprünglichen Plänen sollte das Ausspähen der Steuerpflichtigen ohne Vorwarnung, sogar ohne spätere Information, also ohne Chance auf Rechtsschutz, möglich sein. Willkür und Missbrauch wären dann kaum zu kontrollieren gewesen. Hier hat - in einem äußerst gewöhnungsbedürftigen Verständnis von Gewaltenteilung - die Exekutive per Anwendungserlass teilweise repariert, was die Legislative vorher vermurkst hatte.
Aber eben nur teilweise. Die nun von den "Roten Roben" im Wesentlichen gebilligten Ermächtigungen sind nach wie vor weit überzogen. Leider verschließen die höchsten deutschen Richter die Augen vor der Anmaßung des Staates. Kontenabrufe stünden unter dem Gebot der Erforderlichkeit und seien nur im Rahmen konkreter Verdachtsmomente, nicht aber ins Blaue hinein erlaubt, so die Richter. Doch da hat die Finanzverwaltung ihre eigene, sehr "pragmatische" Interpretation: die Erforderlichkeit, heißt es im Anwendungserlass von 2005, setze keinen begründeten Verdacht auf steuerrechtliche Unregelmäßigkeiten voraus. Es genüge, wenn ein Kontenabruf z.B. "aufgrund allgemeiner Erfahrungen" angezeigt sei.
Der Staat möge Kriminalität, namentlich Terrorismus und Geldwäsche, aber auch Steuerhinterziehung und Missbrauch von Sozialleistungen, entschlossen bekämpfen. Doch geht es definitiv zu weit, wenn jeder Unbescholtene ins Fadenkreuz der Zielfahnder geraten kann, etwa weil "aufgrund allgemeiner Erfahrungen" davon auszugehen ist, dass Steuern hinterzogen und Sozialleistungen erschlichen werden. Ohne begründete Anhaltspunkte für einen Verdacht im Einzelfall sollte der Staat im beiderseitigen Interesse auf die Ehrlichkeit seiner Bürger vertrauen, statt diese unter Generalverdacht zu stellen. Dieser "Unschuldsvermutung" wird der Karlsruher Beschluss nicht gerecht. Er trägt eher zu noch größerer Staatsverdrossenheit bei.
(Börsen-Zeitung, 13.7.2007)
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