Aachener Zeitung: Kommentar zu Pannenserie im Atomkraftwerk Krümmel: Nur die Sicherheit zählt; Fall Vattenfall schadet dem Image der Atombranche
Geschrieben am 17-07-2007 |
Aachen (ots) - Von Bernd Büttgens / Natürlich ist es die übliche Reaktion auf diesen Mix explosiver Zutaten: Sorgen nämlich gravierende Fehler für hohe Wellen der Empörung, und wächst der politische Druck im Zuge der öffentlichen Diskussion, ja, geht es am Ende gar um den Verlust von Lizenzen und Umsätzen, dann rollen die Köpfe. Anders läuft das auch in der Atomindustrie nicht. Der zuständige Deutschland-Chef des schwedischen Energiekonzerns Vattenfall, Bruno Thomauske, muss den Hut nehmen, sein Sprecher Johannes Altmeppen logischerweise auch. Doch das ist deutlich zu wenig. Die Kommunikationsfehler nach der Pannenserie in den Vattenfall-Atomkraftwerken Krümmel und Brunsbüttel haben eine wichtige Debatte ausgelöst - oder besser wiederbelebt. Es stellt sich die Frage nach der Verlässlichkeit der Konzerne in Sicherheitsfragen. Es bleibt der mehr als schale Beigeschmack, dass die Öffentlichkeit über die tatsächliche Gefährdung durch Atomkraftwerke nicht informiert wird. Es ist beschämend für das schwedische Unternehmen, das so gerne den grünen und umweltbewussten Energieerzeuger gibt, dass erst der enorme öffentliche Druck zur längst überfälligen Reaktion führt: nämlich endlich dabei mitzuhelfen, die dunklen Vorkommnisse an jenem 28. Juni in Krümmel zu erhellen. Es ist das immer gleiche, wahrlich nicht vertrauensbildende Verhalten der AKW-Betreiber, im Falle einer Störung auf Tauchstation zu gehen. Da nähren sich die Zweifel am so gerne zitierten Wort von den sichersten Anlagen der Welt, das vor dem 28. Juni die Atomkraft in der deutschen Energiedebatte wieder ganz nach vorne katapultiert hatte. Krümmel zerkratzt den frisch polierten Lack. Was folgen muss, ist die Frage danach, wie sicher die alten Reaktoren Brunsbüttel, Krümmel, auch Biblis A und Neckarwestheim 1 wirklich sind. Wenn der Umweltminister schon von "Gefährdungsreaktoren" spricht . . . Warum erst jetzt? Dass besagter Sigmar Gabriel die Initiative Vattenfalls gesondert lobt, Geld für eine Kommission bereitzustellen, die alle Sicherheitsaspekte der Altreaktoren beleuchtet, erstaunt doch sehr. Ist das nicht eine Selbstverständlichkeit? Sind wir nicht davon ausgegangen, dass eine solche Überprüfung längst zum Standardprogramm gehört? Auch in diesem Punkt sind wir wohl schlecht informiert. Der Fall Vattenfall hat einen Nutzen. Er gibt die Gelegenheit, über Laufzeiten von Atomreaktoren neu nachzudenken. Die Restlaufzeiten der alten sollten auf die modernen übertragen werden. Und die Antiquitäten gehören bald vom Netz. Über allem steht die Zuverlässigkeit der Anlagen. Dazu braucht man die Fachkunde des Personals und einen optimalen technischen Stand. Und eine ausgereifte Sicherheitskultur, zu der auch eine offensive Öffentlichkeitsarbeit gehört.
Originaltext: Aachener Zeitung Digitale Pressemappe: http://presseportal.de/story.htx?firmaid=61649 Pressemappe via RSS : feed://presseportal.de/rss/pm_61649.rss2
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