Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zum Thema Krippenplätze
Geschrieben am 31-08-2007 |
Bielefeld (ots) - Wenn Politik, nicht selten ideologiegetrieben, erst einmal so richtig Fahrt aufnimmt, schießen oft nicht nur Stilblüten im schönsten Verlautbarungsdeutsch ins Kraut. Und gelegentlich neigt Politik trotzig zum »Durchregieren«. Die Losung »Jetzt wird durchregiert!«, man erinnert sich, gab im Hochgefühl-Zenit der eigenen Macht der SPD-Bundeskanzler Gerhard Schröder mehrmals aus. Vermutlich also dürfte wohl we- der die schwarz-rote Koalition im ganzen noch CDU-Familienministerin Ursula von der Leyen einer bemerkenswerten Nachricht aus England sonderliche Beachtung schenken. Dort nämlich bleiben inzwischen bereits sage und schreibe 165 000 aller 725 000 Krippenbetreuungsplätze für Kinder unter drei Jahren unbesetzt. Tendenz weiter steigend, weil sich offenbar immer mehr junge Mütter dafür entscheiden, ihre Sprösslinge zumindest in den allerersten Lebensjahren daheim selbst zu umsorgen - natürlich unter der wesentlichen Voraussetzung, dass ihre familiäre Situation ihnen dies ermöglicht und vor allem auch die finanzielle Basis zureichend ist. Nun wird das Planziel hierzulande sogar noch höher als in Eng- land gesteckt. Bis 2013 soll die Zahl der Krippenbetreuungsplätze auf 750 000 verdreifacht werden. Weder aber wird bisher plausibel gesagt, woher in so kurzer Zeit eigentlich das zwingend erforderliche, gründlich ausgebildete und zusätzliche Fachpersonal kommen soll, noch macht sich die Po- litik Gedanken darüber, was passieren müsste, wenn sich auch bei uns viele junge Mütter im Blick auf ihre Kinder neu besinnen würden - und der Bedarf für Krippenplätze plötzlich, wie in England, erheblich unter die Planzahlen-Marke sinken würde. Schließlich sind auf diesem Feld enorme (Steuer-)Gelder im Spiel, die - schon gar auf Dauer, ja wohl nicht für die »Bestands- pflege« solcher empfindlich teuren Angebotsüberhänge vergeudet werden dürften. Die überraschenden Entwicklungen in England, sprich: im Empfinden und praktischen Handeln junger Mütter dort, sind ein Zeichen der Zeit. Als exotischer Sonderfall ist das nicht abzutun. Und schon gar nicht gehört es sich, mündige Bürger mit Minister-Antworten aus der Phrasendreschmaschine abzuspeisen. Wie etwa die Berlinerin Milena Sunnus, eine junge Mutter, die von der vormaligen SPD-Familienministerin Renate Schmidt eine Auskunft zur Kürzung des Erziehungsgeldes erbeten hatte und stattdessen den folgenden belehrenden Hinweis erhielt: »Wer sich für Kinder entscheidet, nimmt eine hohes Maß an Verantwortung auf sich ... Es ob- liegt in erster Linie den Eltern, ihren Kindern ein Leben in einem wirtschaftlich abgesicherten, sozial förderlichen und fürsorglichen Umfeld zu bieten ... Staatliche Leistungen können nur unterstützenden Charakter haben ... Das Erziehungsgeld kann nicht ausschlaggebend sein bei der Entscheidung für oder gegen ein Kind...« Ach! seufzt Loriot in solchen Fällen.
Originaltext: Westfalen-Blatt Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/66306 Pressemappe via RSS : feed://www.presseportal.de/rss/pm_66306.rss2
Pressekontakt: Rückfragen bitte an: Westfalen-Blatt Nachrichtenleiter Andreas Kolesch Telefon: 0521 - 585261
Kontaktinformationen:
Leider liegen uns zu diesem Artikel keine separaten Kontaktinformationen gespeichert vor.
Am Ende der Pressemitteilung finden Sie meist die Kontaktdaten des Verfassers.
Neu! Bewerten Sie unsere Artikel in der rechten Navigationsleiste und finden
Sie außerdem den meist aufgerufenen Artikel in dieser Rubrik.
Sie suche nach weiteren Pressenachrichten?
Mehr zu diesem Thema finden Sie auf folgender Übersichtsseite. Desweiteren finden Sie dort auch Nachrichten aus anderen Genres.
http://www.bankkaufmann.com/topics.html
Weitere Informationen erhalten Sie per E-Mail unter der Adresse: info@bankkaufmann.com.
@-symbol Internet Media UG (haftungsbeschränkt)
Schulstr. 18
D-91245 Simmelsdorf
E-Mail: media(at)at-symbol.de
90226
weitere Artikel:
- Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zu Patientenverfügungen Bielefeld (ots) - Die große Mehrheit möchte nach einem erfüllten Leben daheim im Kreis der Familie sterben. Tatsächlich tritt der Tod bei 70 Prozent der Deutschen im Krankenhaus ein, oft nach langer und schwerer Krankheit. Deshalb haben heute schon acht Millionen eine Patientenverfügung für den Fall der Fälle getroffen. »Alle Apparate aus« nach soundsovielen Monaten Siechtum hat mancher darin festgelegt. Das klingt wohlüberlegt und eindeutig. Die Realität sieht anders aus. Ärzte sind Heiler. Unterlassene Hilfeleistung ist nicht ihr Ding. mehr...
- Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zum Thema Software und Hartz IV Bielefeld (ots) - Der Betrugsvorwurf ist ungeheuerlich: In einem Schreiben an die lippische Bundestagsabgeordnete Gudrun Kopp (FDP) wirft Gerd Andres, Parlamentarischer Staatssekretär im Bundesarbeitsministerium, Kommunen und Kreisen gesetzeswidrige Berechnungsmethoden beim Arbeitslosengeld II vor. Zudem ist im Ministerium von vermeidbaren Ausgaben in Millionenhöhe die Rede. Offiziell gibt es keine konkreten Zahlen und keine konkreten Beschuldigten. Wenn sich Kommunen finanzielle Vorteile verschafft haben, müssen sie auch zur Rechenschaft mehr...
- Aachener Zeitung: Kommentar zu Missständen bei Pflege: Ja, ein richtiger Skandal Aachen (ots) - Von Bernd Mathieu / Sage mir, wie du mit den Alten umgehst, und ich sage dir, in welcher Gesellschaft du lebst. Das klingt pathetisch, ist aber wahr. Wer den "Qualitätsbericht" über die Pflege unserer alten Menschen liest, wird spontan sagen: Da leben wir offensichtlich in einer gefühllosen und kalten Welt. Etwa jeder dritte pflegebedürftige alte Mensch wird nicht richtig versorgt, hat nicht genügend zu essen und zu trinken, wird nicht häufig genug gedreht, korrekt gebettet oder eingerieben. Ja, das ist tatsächlich mal ein mehr...
- Rheinische Post: Pflege braucht mehr Kontrolle Düsseldorf (ots) - Von Eva Quadbeck Es ist völlig überflüssig, darüber zu sinnieren, ob die schlechten Zustände in Pflegeheimen und bei ambulanten Diensten als "Skandal" beschrieben werden dürfen. Selbstverständlich ist es ein Skandal, wenn jeder zehnte Pflegebedürftige gesundheitlichen Schaden nimmt, etwa jeder Dritte schlecht ernährt wird und noch mehr sich unter den Händen der Pfleger wund liegen. Wer nun mit dem Finger auf die Pflegekräfte zeigt, sollte nicht vergessen, dass neun Finger auf ihn selbst weisen. Die Gesellschaft ist mehr...
- Stuttgarter Nachrichten: zu Zementleiche Stuttgart (ots) - Vier junge Menschen demonstrieren an einem 19-Jährigen aus dem Raum Stuttgart ihre brutale Lust am Töten. Sie erschlagen ihn nicht nur, sie zerstückeln ihn auch noch und betonieren Leichenteile ein. Das ist kein normaler Mord, das ist Wahnsinn. Ob die Justiz darauf eine passende Antwort finden wird, darf man allerdings bezweifeln. Der mutmaßliche Haupttäter ist erst 18. In dem Alter wird in aller Regel das Jugendstrafrecht angewandt. Es ist schwer einzusehen, warum ein 18-Jähriger alle Rechte als Erwachsener hat, bei mehr...
|
|
|
Mehr zu dem Thema Aktuelle Politiknachrichten
Der meistgelesene Artikel zu dem Thema:
LVZ: Leipziger Volkszeitung zur BND-Affäre
durchschnittliche Punktzahl: 0 Stimmen: 0
|