WAZ: Nach dem Fahndungs-Erfolg: Vom Umgang mit Islamisten-Trojanern - Leitartikel von Ulrich Reitz
Geschrieben am 09-09-2007 |
Essen (ots) - Wir wissen nun, dass und wie eng amerikanische mit deutschen Ermittlern zusammengearbeitet haben, um die wohl gefährlichsten Anschläge seit RAF-Zeiten zu verhindern. Die Amerikaner wussten früh, dass die Verdächtigen getrieben wurden von einem glühenden Hass auf die USA. Der "Spiegel" berichtet von Provokations-Versuchen vor von Amerikanern besuchten Diskotheken in Deutschland. Als ihr Kalkül nicht aufging, "zieht die Gruppe durch die Straßen und zersticht Reifen von Autos amerikanischer Marken". Washington musste fürchten, die deutschen Islamisten würden sich auf US-Ziele in Deutschland bzw. Europa konzentrieren.
Die Fahndung war Chefsache. George Bush sprach früh mit Angela Merkel über die einzigartige Bedrohung. CIA und deutsche Ermittler kooperierten eng wie nie. Der Grund ist einleuchtend. Schon einmal, am 11. September 2001, war die tödliche Bedrohung Amerikas von Deutschland ausgegangen. Bush wie Merkel wollten die Wiederholung des Elften September unter allen Umständen verhindern. Nicht auszudenken, die Täter hätten Erfolg gehabt. Es hätte nicht nur dramatisch viele Tote gegeben, auch die politischen wie menschlichen Beziehungen zwischen diesen beiden Achsenmächten der Nato wären auf Jahre hinaus vergiftet worden.
Nun wissen wir, dass wir nicht wehrlos sind. Wir ahnen aber, dass diese Bedrohung vorerst nicht vorüber zieht. Ein Albtraum: Deutsche Muslime, Fritz der Taliban, fanatisiert durch einen Islam, der sich, wie jede Religion, zu politisch "tunen" lässt, nutzen kalt ihre Tarnung. Sie reisen, wohin sie wollen. Sie sind gebildet genug, um durchzukommen. Sie kennen das westliche System, schwimmen darin wie damals Maos Revolutionäre im vor-revolutionären China. Sie sind in der Internationale des Terrors ständig "online". Damit sind sie eine Bedrohung der ganz neuen Art.
Gewissenlos, zynisch, brutal, Ideologie-hörig, aber irgendwie auch: heimat- und bindungslos, romantisch. Auf der Suche nach Lebens-Leitplanken, die es so gar nicht geben kann. Dieser neue Täter-Typus. Er hasst die Demokratie, jenes einerseits/andererseits, quälende Entscheidungen nach dem Prinzip Versuch und Irrtum. Er verachtet diese Werte-reduzierte Gemeinschaft, die selbst ihre Dekadenz noch feiert. Lohnender als Wohlstand und Frieden und Moderne findet der Global-Taliban den Lebenssinn als anarchistisch motivierter Massenmörder. Und gerade angesichts dieser Bedrohung verspricht eine wachsam-souveräne Haltung mehr Erfolg als Hysterie.
Originaltext: Westdeutsche Allgemeine Zeitung Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/55903 Pressemappe via RSS : feed://www.presseportal.de/rss/pm_55903.rss2
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