Westfalenpost: Ausbalanciert
Geschrieben am 19-09-2007 |
Hagen (ots) - Brüssel will eigene Stromnetzbetreiber Von Peter Sennekamp Wie schön, dass EU-Kommissionschef Barroso den Strommarkt mit einem europäischen Supermarkt verglich, obwohl es 27 sind. Wie schön, dass Europas Wettbewerbshüterin Kroes nur Strompreise kennt, nicht aber, wie sie sich zusammen setzen, ob sie stark schwanken, ob sie billig sind auf Kosten sinkender Netzinvestitionen. In Europas Stromrealität werden noch andere, große Räder, gedreht, die in Brüssel gestern ebenfalls aus dem Blick gerieten: Der Eon-Konzern kauft sich für einige Milliarden in Russlands Elektrizitätsmarkt ein, tut es, indem er steigende Profite nicht in sinkende Strompreise für Endkunden eintauscht. Statt dessen profilieren sich solche Riesen, wie auch EdF in Frankreich, als Europäische Champions, EdF zum Beispiel in Deutschland bei EnBW. Die andere Realität kommt in Giganten wie Russlands Gazprom daher, der bei den Briten anklopft, ihnen sagt: Von uns könnt ihr so billig Gas kaufen, wie von keinem europäischen Anbieter. Wäre dem so, müsste Wettbewerbskommissarin Kroes eigentlich zustimmen: Weg mit all den Zwischenhändlern, die von den Kunden nur kassieren. Und Atomstrom und Kohlekraft aus Ostkraftwerken käme auch billig zu uns. Doch Energiepolitik braucht langen Atem, dem Klima, der Umwelt und uns selber zuliebe. Darum ist eine Garantie in Versorgungsnetze wie verlässliche Energielieferanten wichtiger, als "Hauptsache billig". Es war für Brüssel anstrengend, die Gehörlosen in den Konzernen mit der Musik von mehr Wettbewerb vertraut zu machen. Aber die Realität, 27 Strommärkte, unterschiedliche Präferenzen in 27 Hauptstädten, kalte wie warme Länder, solche mit Wasserkraft, andere mit Atomkraft, sie wollen ausbalanciert sein, um allen Vorteile zu bescheren. Ob die Gründung eigener Netzbetreiber dazu der erste richtige Schritt ist, wissen wir in einigen Jahren.
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