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WAZ: Arbeitslosengeld für Ältere Es geht um Stolz, nicht um drei Monate - Leitartikel von Stefan Schulte

Geschrieben am 08-10-2007

Essen (ots) - SPD-Chef Beck hat endlich sein Thema gefunden.
Längeres Arbeitslosengeld für Ältere - fast alle Deutschen stimmen
ihm da zu. Bei so viel Rückenwind kann sich der Pfälzer gar nicht
mehr anders bewegen als vorwärts, über alle Bedenken und am Ende auch
über Müntefering hinweg. Doch woraus eigentlich gewinnt dieses Thema
seine ungeheure Kraft? Wie kommt es, dass die Deutschen soziale
Gerechtigkeit plötzlich in Monaten messen?

Man müsste sich über die Sprengkraft der Rüttgers- und
Beck-Vorstöße wundern, wäre da nicht Hartz IV. Tatsächlich geht es
den Leuten nicht um ein, zwei oder drei Monate mehr Arbeitslosengeld.
Es geht um das Danach. Um ihre Angst vor dem Absturz. Und um
verletzten Stolz. Wer sich 30 Jahre abgerackert hat, wird sich nie
daran gewöhnen, dass der Staat ihn nach ein paar Monaten
Arbeitslosigkeit so behandelt wie einen, der noch nie einen
Handschlag getan hat. Es gibt sie nunmal, die Antriebslosen, die in
Kameras grinsen und auf die Frage nach ihren Plänen sagen: "Wieso?
Ich krieg doch Hartz." Es gab sie immer und es sind auch nicht mehr
geworden. Nur wurden sie früher vom Sozialamt verschluckt; heute
sitzen sie neben den Arbeitern.

Die Deutschen und besonders die SPD-Anhänger holen gerade in
aller Ausführlichkeit nach, was ihnen der Basta-Kanzler Schröder
austreiben wollte: Eine breite Debatte darüber, ob es im
Hartz-IV-Land noch sozial gerecht zugeht. Weil die Älteren die
Hartz-Verlierer sind, liegt es nahe, dass sich "Arbeiterführer" wie
Rüttgers und angeschlagene SPD-Granden um sie besonders bemühen.
Würden sie wirklich deren Grundängste aufnehmen, müssten sie
eigentlich Hartz IV als Ganzes infrage stellen. Und sagen: Sorry, es
war ein Fehler, alle, die warum auch immer länger arbeitslos sind,
gleich zu behandeln. Nur sind sich Union und SPD bis heute einig,
dass genau dies der richtige Weg war.

Rüttgers und Beck agieren defensiv. Sie sagen den Älteren: Ja, es
ist schlimm, was euch in Hartz IV erwartet, deshalb zögern wir es
etwas hinaus. Das soll Ängste lindern? Müntefering agiert offensiv,
und er hat allen Grund dazu: Seht her, kann er sagen, Hartz wirkt und
hilft gerade Älteren. 200 000 weniger arbeitslose Über-50-Jährige
binnen zwölf Monaten. Das Gefühl, im Falle des Falles ungerecht
behandelt zu werden, kann man den Älteren nicht nehmen, weil es ja
nicht falsch ist. Aber man kann sich bemühen, dass dieser Fall nicht
mehr so oft eintritt wie früher. Dafür tut Müntefering viel. Rüttgers
und Beck tun das genaue Gegenteil.

Originaltext: Westdeutsche Allgemeine Zeitung
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/55903
Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_55903.rss2

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Rückfragen bitte an:
Westdeutsche Allgemeine Zeitung
Zentralredaktion
Telefon: (0201) 804-0
zentralredaktion@waz.de


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