Lausitzer Rundschau: Die Parlamentswahlen in Polen Keine Entwarnung bitte!
Geschrieben am 22-10-2007 |
Cottbus (ots) - Deutschland darf sich freuen. Eine klare Mehrheit der überraschend zahlreich zu den Urnen strömenden Polen hat dem Konfrontationskurs der Kaczynski-Brüder eine Absage erteilt. Wer nun allerdings glaubt, das Nachbarland werde nach den zwei Jahren einer gegen Europa und Deutschland gerichteten Politik wieder zum Alltag zurückkehren, der täuscht sich. Die rechtskonservative Minderheitsregierung ist nicht in erster Linie wegen der Vorurteile gegen die großen Nachbarn abgewählt worden. Ihre Unfähigkeit, das versprochene innenpolitische Programm umzusetzen, hat eine wesentlich größere Rolle gespielt. Die Geister, die sie in der Außenpolitik, insbesondere auch im Verhältnis zum Nachbar Deutschland rief, werden wir so schnell nicht los. Die Anlehnung an die Politik von US-Präsident George W. Bush, das Misstrauen gegen jede Form der deutsch-russischen Partnerschaft und die Schwierigkeiten mit den liberalen Wesensmerkmalen des in der EU organisierten Europa war schon vor den Kaczynskis ein wesentlicher Zug der polnischen Politik und wird es bis zu einem gewissen Maße auch bleiben. In der Bundesrepublik ist über viele Jahre die Last unterschätzt worden, die vor allem aus dem maßlosen Schrecken der Besatzungszeit zwischen 1939 und 1944 herrührt. Der Weg zur Versöhnung ist schwieriger und länger als mit jedem anderen Land - mit Ausnahme sicher von Israel. Aber was bei dem jüdischen Staat von vielen Deutschen als selbstverständliche Notwendigkeit erkannt wird, bleibt für die Nachbarn jenseits von Oder und Neiße leider umstritten. Es ist also nicht etwa Zeit für eine Entwarnung. Es ist vielmehr höchste Zeit, sich hier ebenfalls der Auseinandersetzung um diese Wunden der Geschichte zu stellen. Es wird mit den sich abzeichnenden Mehrheiten in Warschau sicher etwas einfacher. Wer allerdings glaubt, er könne sich jetzt darum drücken, wird noch so manche unangenehme Überraschung erleben. Denn in Polen wird nicht zuletzt der weiterhin als Präsident amtierende Zwillingsbruder keine Gelegenheit auslassen, auf all die Vorurteile, auf all die Vorbehalte hinzuweisen, die Deutsche pflegen im Umgang mit Polen.
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