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"Lebensmittel sind eigentlich zu billig"

Geschrieben am 07-10-2010

Hamburg / Rechterfeld (ots) -

- Ergebnis einer Medien- und Verbraucherstudie im Auftrag der
Heinz Lohmann Stiftung: Zwischen Verbraucher und
Ernährungswirtschaft findet eine zunehmende Entfremdung statt.

- Studienleiter Prof. Achim Spiller (Georg-August-Universität
Göttingen): Immer mehr Verbraucher verspüren eine "Sehnsucht
nach Natürlichkeit".

Die deutsche Ernährungswirtschaft wird von den Verbrauchern sehr
unterschiedlich wahrgenommen: Während rund ein Drittel der
Verbraucher Produktivitätsaspekte - und die damit verbundenen
Preiseffekte - für gut befindet und Vertrauen in die
Lebensmittelwirtschaft hat, stehen rund 20 Prozent der Verbraucher
sowie große Teile der Medien und der Internet-Commmunity den
produktionstechnischen Errungenschaften der Ernährungswirtschaft
äußerst negativ gegenüber. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie der
Georg-August-Universität Göttingen (Lehrstuhl Marketing für
Lebensmittel und Agrarprodukte) im Auftrag der Heinz Lohmann
Stiftung. Die Resultate wurden heute auf dem 8. Ernährungssymposium
von Prof. Achim Spiller uns seinen Mitarbeitern Maike Kayser und
Justus Böhm vorgestellt.

Die Studie zeigt einen klaren Trend auf: Immer mehr Verbraucher
verspüren eine "Sehnsucht nach Natürlichkeit" - als Ergebnis der
zunehmenden Entfremdung von der Lebensmittelproduktion. Die von der
Industrie viel gepriesene Effizienz und Technologisierung wird vom
Konsumenten als "negative Veränderung von Naturprozessen" angesehen.
Auch die mit der Effizienzsteigerung verbundenen Preissenkungen
gelten nicht mehr als legitimes Ziel der Agrarproduktion. Vielmehr
sind immer mehr Verbraucher der Meinung, dass Lebensmittel eigentlich
zu billig seien, so Studienleiter Spiller.

Die zunehmende Skepsis gegenüber den technischen Errungenschaften
der Ernährungswirtschaft hänge auch mit der fehlenden Legitimation
für Mengensteigerungen zusammen. Prof. Spiller: "Ernährungssicherung
in Europa ist nicht mehr als Erfolg kommunizierbar." Außerdem seien
Prozessinnovationen für die Verbraucher am Produkt nicht mehr
wahrnehmbar. Die Lebensmittelbranche befände sich heute zwischen zwei
unterschiedlichen gesellschaftlichen Polen: einer
"Wunsch-/Natürlichkeitsökonomie" und einer "Preis-/
Produktivitätsökonomie." Der Göttinger Wissenschaftler folgert
daraus, dass die Lebensmittelbranche das eigene Wertekonzept von
Steigerung der Produktivität und Senkung der Kosten bewusst
hinterfragen sollte, um eine weitere Entfremdung von der Gesellschaft
zu vermeiden. Zudem müsse die Branche am öffentlichen Diskurs
teilnehmen und bewusst den Dialog mit Meinungsführern (im Social Web
und bei den Medien) suchen.

In den vergangenen Jahrzehnten hat der landwirtschaftliche und
Lebensmittel produzierende Sektor eine fundamentale Entwicklung
vollzogen. Konnte ein Landwirt in Deutschland in den 50er Jahren zehn
Menschen ernähren, so liegt dieser Faktor im Jahr 2008 bereits bei
148 Menschen. Der Hektarertrag für Weizen und Kartoffeln konnte in
dieser Zeit verdoppelt werden. Die durchschnittliche Milchleistung
einer Kuh erhöhte sich von 2480 kg im Jahr 1950 auf 6827 kg im Jahr
2008. Hinzu kommt: Im 21. Jahrhundert ist die Versorgung mit
Lebensmitteln so weit entwickelt, dass nur noch zwei Prozent der
deutschen Bevölkerung in der Landwirtschaft arbeiten müssen. Und
gleichzeitig muss die nicht-landwirtschaftliche Bevölkerung nur noch
14 Prozent ihres Einkommens für die Ernährung aufwenden. Trotz der -
aus Sicht der Land- und Ernährungswirtschaft - positiven Kennzahlen,
bewerten 62 Prozent der zugeordneten Beiträge aus dem Social Web und
43 Prozent der Medienbeiträge die Produktivität negativ. Als positive
Leistung der Agrar- und Ernährungswirtschaft werden von den Befragten
hingegen Zusatzaspekte von Lebensmitteln wie Regionalität oder
Tierschutz wahrgenommen. Ernährungssicherung und
Lebensmittelsicherheit sehen die Verbraucher als selbstverständlich
an.

Weiteres Resultat der Studie: Greenpeace hat nach der eigenen
Familie und den eigenen Freunden die höchste Glaubwürdigkeit bei den
Verbrauchern. Die Lebensmittelkonzerne und die Schlachtunternehmen
stehen nach der Politik am schlechtesten da. Eher neutral wird der
Lebensmitteleinzelhandel gesehen.

Originaltext: Heinz Lohmann Stiftung
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/81824
Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_81824.rss2

Pressekontakt:
Frank Schroedter / Sabine Prehl
Engel & Zimmermann AG
Schloss Fußberg, Am Schlosspark 15, 82131 Gauting
Tel. 089 / 893 563 3
Fax: 089 / 89 39 84 29
info@engel-zimmermann.de

Maike Kayser und Justus Böhm
Georg-August-Universität Göttingen
Marketing für Lebensmittel und Agrarprodukte
Platz der Göttinger Sieben 5, 37073 Göttingen
Tel. 0551/39-7985 oder -4839
jboehm@uni-goettingen.de


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