Neue OZ: Kommentar zu Medien /RTL 2 / Tatort Internet
Geschrieben am 18-10-2010 |
Osnabrück (ots) - Tatort Fernsehen
Dass sich Erwachsene mit sexuellen Absichten über das Internet an
Kinder heranmachen, ist pervers, abstoßend und nicht zu tolerieren.
Doch wir leben in einem Rechtsstaat. Härtere Gesetze kann man
diskutieren. Es bleibt aber Aufgabe von Polizei und Justiz, Täter zu
fassen und zu bestrafen.
Selbst ernannte Pseudo-Ermittler, die investigative Recherche mit
effektheischender Inszenierung platter Sex-Klischees verwechseln,
können dies nicht leisten. Der aktuelle Fall zeigt die Verlogenheit
des Formates "Tatort Internet": Fünf Monate lang verschwiegen die
Macher das Verhalten des Heimleiters und gaben ihm die Gelegenheit,
weiter Kinder anzuschreiben. Dafür breitete RTL2 seinen Lebenslauf
erst jetzt in allen Details aus, obwohl der Mann nicht einmal wusste,
dass er gefilmt worden ist.
Es geht den Machern weniger um den Schutz der Kinder als vielmehr
um das Quoten steigernde Prinzip der öffentlichen Denunziation
potenzieller - vielleicht oft nur vermeintlicher - Täter. Denn für
den Heimleiter gilt in Bezug auf sexuelle Gewaltausübung bis dato die
Unschuldsvermutung. Fakt sind nur anzügliche Dialoge mit einer
Schauspielerin, die auch ihren Beitrag zum perfiden Anmach-Spiel
geleistet hat.
"Erstes Sex-Ekel gefeuert", titelte die "Bild"-Zeitung, die erneut
Stephanie zu Guttenberg für ihren Einsatz adelte, ohne auf die Kritik
an dem Format einzugehen. Bleibt zu hoffen, dass das Blatt nicht bald
schreiben muss: "Tatort Fernsehen: Erster Unschuldiger in den Freitod
getrieben". Das wäre der GAU für das in der Sache begrüßenswerte
Anliegen der Ministergattin.
Originaltext: Neue Osnabrücker Zeitung
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