Greenpeace: Gas im geplanten Endlager Gorleben / Neue Aktenfunde: Gaslecks bei Schachtvorbohrungen wurden verschleiert
Geschrieben am 02-11-2010 |
Berlin, 02. 11. 2010 (ots) - Bei beiden Vorbohrungen zu den
heutigen Schächten des geplanten Atommüllendlagers Gorleben stießen
die Bohrmannschaften 1982 auf brennbare Kohlenwasserstoffgase.
Entsprechende Bohrberichte hat die unabhängige Umweltorganisation
Greenpeace in Akten der "Bundesanstalt für Geowissenschaften und
Rohstoffe" (BGR) gefunden. Zudem trafen die Bergleute auch beim Bau
der Transportstrecken im Erkundungsbereich auf verflüssigte
Kohlenwasserstoffgase. Die Betreiberfirma "Deutsche Gesellschaft zum
Bau und Betrieb von Endlagern" (DBE) spielte die Funde herunter und
zog keinerlei Konsequenzen daraus. Die Physikalisch-Technische
Bundesanstalt (PTB) empfahl in ihrem damaligen Zwischenbericht an die
Bundesregierung, die untertägige Erkundung des Salzstocks trotzdem
fortzusetzen.
Die DBE gibt den Flamm- und Brennpunkt des Gases mit 20 Grad
Celsius an. Die Einlagerungsbehälter für hochradioaktiven Atommüll
(Pollux-Behälter) entwickeln an ihrer Oberfläche eine Temperatur von
bis zu 200 Grad Celsius. Die Wärme des Strahlenmülls verursacht eine
Ausdehnung des Gases und dadurch einen Druckanstieg im Salzstock. So
entstehen Haarrisse und Klüfte, die neue Wegsamkeiten für Wasser und
Gas schaffen. Während der geplanten Einlagerungsbohrungen können
zudem Explosionen durch die Verbindung von Methangasen und Sauerstoff
nicht ausgeschlossen werden. Greenpeace fordert erneut, den
ungeeigneten Endlagerstandort Gorleben sofort aufzugeben.
"Mit explosivem Gas in unmittelbarer Nähe der geplanten
Atommüllkammern ist Gorleben im wahrsten Sinne des Wortes verbrannt.
Der Salzstock würde zu einer tickenden Zeitbombe, sollte es zur
Einlagerung der gefährlichsten Abfälle kommen, die die Menschheit
jemals hervorgebracht hat", warnt Greenpeace-Atomexperte Mathias
Edler. "Vor dem Hintergrund dieser verschleierten Tatsachen muss
Umweltminister Röttgen jetzt Konsequenzen ziehen und alle internen
und bisher unveröffentlichten Akten auf den Tisch legen."
Bergamt Celle warnte vor weiterem Tiefergehen der Bohrungen
Bei der ersten Schachtvorbohrung im Juni 1982 stießen die Arbeiter
in 870 und 940 Metern Tiefe auf Gasvorkommen. Die Bohrmannschaft
bekam das Gasleck nur schwer in den Griff. Auch in der zweiten
Schachtvorbohrung und einer weiteren Tiefbohrung wurde mehrfach Gas
angetroffen. Wegen der plötzlichen Gasfunde wurden die
Schachtvorbohrungen oberhalb der geplanten Tiefe von 1000 Metern
gestoppt. Das zuständige Bergamt Celle warnte die Betreiberfirma DBE
vor einem weiteren Tiefergehen, da bei erneutem "Antreffen von Gas
(...) eine Abdichtung kaum möglich sein wird".
Der Geologe Ulrich Schneider war bis 1981 an der obertägigen
Untersuchung des Salszstocks beteiligt. Nach seiner Aussage handelt
es sich bei den Gasfunden um sogenanntes Zechsteingas, das schon 1969
bei einer Gasbohrung im ehemaligen DDR-Teil des Salzstocks
Gorleben-Rambow in 3400 Metern Tiefe zu einer schweren Explosion
führte. Die DBE behauptet jedoch, es handele sich um isolierte Gase
aus organischen Prozessen innerhalb des Salzes.
Als Entstehungsort gibt die DBE geologische Schichten an der
Salzstockbasis auf 2000 bis 3000 Metern Tiefe an. Ulrich Schneider:
"Wenn das Gas aber aus fast 3000 Metern Tiefe durch geologische
Störungen oder den Salzaufstieg bis in die Schächte und Strecken des
Bergwerks gelangen kann, dann kommt es auch bis zu den
Atommüllbehältern. Diese sollen schließlich bis zu 300 Meter unter
der 840 Meter-Sohle in Bohrungen versenkt werden."
Im Jahr 1983 stellte die DBE ihre Ergebnisse in Fachkreisen vor.
Auf den folgenden Behördenebenen wurden die Funde zunehmend
verharmlost. Über Gasvorkommen im DDR-Teil des Salzstocks
Gorleben-Rambow, so schreibt die PTB in ihrem Zwischenbericht, lägen
"keine zuverlässigen Informationen vor". Die Gasexplosion in Rambow
verschweigt der Bericht.
Achtung Redaktionen: Rückfragen bitte an Mathias Edler,Tel.
0151-18053 404, oder Pressesprecherin Cornelia Deppe-Burghardt, Tel.
0151-14533 087. Die Gorleben-Datenbank finden Sie unter
www.greenpeace.de/gorlebenakten.
Originaltext: Greenpeace e.V.
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/6343
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