Lausitzer Rundschau: Der Fluch der Zahlen Steuerschätzer sagen kräftiges Plus voraus
Geschrieben am 04-11-2010 |
Cottbus (ots) - Jahrelang flogen den Bundesbürgern die schlechten
Nachrichten nur so um die Ohren. Höchste Arbeitslosigkeit,
niedrigstes Wachstum, schlimmste Wirtschaftskrise. Jetzt scheinen die
Hiobsbotschaften plötzlich wie weggeblasen. Die Exportwirtschaft
feiert ständig neue Triumphe. Die Auftragsbücher sind bestens
gefüllt. Der Bundeswirtschaftsminister schwärmt von einem
XL-Aufschwung. Und auch die Zahlenkolonnen der aktuellen
Steuerschätzung lassen Freude aufkommen. Bislang hatten die Experten
die Finanzlöcher meist kleiner gerechnet, als sie am Ende tatsächlich
waren. Diesmal läuft es umgekehrt. Soviel Optimismus war selten.
Alles gut und schön, mögen sich da die Bürger sagen. Aber was habe
ich davon? Spätestens an dieser Stelle zeigt sich, dass das Gute auch
mit einem politischen Fluch beladen sein kann. Der
Bundesfinanzminister gibt sich jedenfalls alle Mühe, die Zahlen zu
relativieren. Und tatsächlich sind wir vom finanzpolitischen Paradies
noch meilenweit entfernt. Trotz sprudelnder Steuerquellen wird sich
der Bund in diesem Jahr immer noch rund 50 Milliarden Euro borgen
müssen, um die Ausgaben zu decken. Das sind 20 Prozent mehr als beim
einheitsbedingten Schuldenrekord aus dem Jahr 1996. Die Misere wird
nur durch die aktuelle Niedrigzinsphase gemildert. Denn obwohl die
Staatsschulden stetig gestiegen sind, blieb die Zinslast ungefähr
gleich. Das aber dürfte von begrenzter Dauer sein. Denn wenige
Zins-Zehntel summieren sich auf Milliarden. Für großzügige
Steuergeschenke ist da wirklich kein Platz. Doch je stärker die
positiven wirtschaftlichen Signale, desto mehr wollen die Bürger den
Aufschwung im eigenen Portemonnaie spüren. Und zwar auch deshalb,
weil schon die letzte konjunkturelle Hochphase an den allermeisten
spurlos vorübergegangen ist. Vor diesem Hintergrund spricht einiges
dafür, dass Kanzlerin und Kassenwart zu einsamen Rufern in der Wüste
werden könnten. Das Thema Steuersenkung auf die nächste Wahlperiode
zu vertagen, wird durch den aktuellen Aufschwung praktisch zu einem
Ding der Unmöglichkeit.
Originaltext: Lausitzer Rundschau
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