Westdeutsche Zeitung: Rente mit 67 = von Lothar Leuschen
Geschrieben am 09-11-2010 |
Düsseldorf (ots) - Die Renten werden im kommenden Jahr
wahrscheinlich leicht steigen. Eine Nullrunde ist nicht nötig. Die
Nachricht aus dem Hause Deutsche Rentenversicherung soll sicher nach
Geschenk und Freude klingen. Doch sie ist weder das eine noch das
andere. Wenn die Einkommen in Deutschland steigen, dann muss sich das
auch bei den Renten bemerkbar machen. So sind die Regeln. Da
Deutschland die Krise überraschend gut überstanden hat und die
Zeichen auf Lohnerhöhungen stehen, müssen auch die Renten steigen.
Das ist kein Geschenk, sondern Logik. Und auch wenn die Chefin der
Rentenversicherung, Anneliese Buntenbach, das eine Prozent plus
freudig kommuniziert, sollten sich weder Beitragszahler noch Rentner
Sand in die Augen streuen lassen. Es ist zwar beruhigend, dass die
Rentenversicherungsbeiträge bis 2013 unverändert bleiben und dann um
0,6 Prozent gesenkt werden. Aber ein Prozent mehr Rente ist dennoch
kein Grund, in Jubelstürme auszubrechen. Die vielen Senioren, die von
mittleren und kleinen Renten leben müssen, werden das bisschen Mehr
nicht spüren, zumal die Inflationsrate es sofort wieder auffrisst.
Und der Binnenkonjunktur nutzt das Prozent auch nichts, weil es keine
Nachfrage erzeugt, also auch keine Arbeitsplätze sichert, geschweige
denn neue schafft. Dabei sind 20 Millionen Rentner eine bedeutende
Gruppe in der Gesellschaft. Und jede Regierung ist gut beraten,
dieses Viertel der Bevölkerung so konsumfähig zu machen, dass es sich
im Bruttoinlandsprodukt niederschlägt. Eine spürbare Rentenerhöhung
kann nämlich auch dann Sinn haben, wenn nicht wie im vergangenen Jahr
Bundestagswahlen vor der Tür stehen. Die Krux ist, dass für solche
Geschenke Steuergeld benötigt wird, wenn die Beiträge und damit die
Arbeitskosten nicht steigen sollen. Die Beiträge wiederum bleiben nur
dann halbwegs stabil, wenn die Lebensarbeitszeit steigt, weil sonst
immer weniger Arbeitnehmer für immer mehr Rentner bezahlen müssen.
Wer also höhere Renten will, aber keine höheren Versicherungsbeiträge
und keine höheren Steuern, der muss die Konjunktur ankurbeln. Und er
darf die Rente mit 67 nicht in Frage stellen. Auch wenn das vor
Wahlen noch so verlockend sein mag.
Originaltext: Westdeutsche Zeitung
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