Lausitzer Rundschau: Grüner Kraftakt Partei trotz Dauer-Umfragehoch noch auf Konzeptsuche
Geschrieben am 14-11-2010 |
Cottbus (ots) - Wenn derzeit die grüne Bundesprominenz in
Ostdeutschland auftritt, ist nichts mehr übrig geblieben von dem
missionarischen Eifer, mit dem sie sich früher um Anerkennung
bemühte. Angesichts des bundesweiten Umfragehochs kann man davon
ausgehen, dass sie in Magdeburg nicht allzu sehr um den Einzug in den
Landtag bangen müssen. Und dann kommt ja im nächsten Herbst auch noch
die Wahl in Berlin, bei der es darum gehen wird, ob die Partei
erstmals einen Ministerpräsidenten stellt. Aber die derzeit so
erfolgreiche Partei steht wie keine andere vor einem schwierigen
Kraftakt und hat dafür noch nicht das richtige Konzept gefunden. Denn
zwischen den Chancen bei Wahlen und ihrer personellen Ausstattung
klafft eine gewaltige Lücke. In Potsdam etwa, wo sie in der
Stadtverwaltung Mitverantwortung tragen, stellen die Grünen einen
Dezernenten, der sich aus Sicht vieler Mitglieder längst als
exemplarischer Betriebsunfall entpuppte. Dies ist auch wenig
verwunderlich, wenn man weiß, dass Landesverbände wenige Hundert
Mitglieder zählen und in so manchem Kreis die Zahl der Aktiven an
einer Hand abgezählt werden kann. Die Partei, der man gemeinhin noch
am ehesten die Fähigkeit zu innovativen, neuen Gedanken zutraut, wird
ihren Mitgliederstamm auch mit Sicherheit nicht schnell genug wachsen
sehen, wenn sie tatsächlich auch in den neuen Bundesländern bei
Wahlen ein stärkeres Gewicht erlangen sollte. Sie muss sich also fast
zwangsläufig überlegen, wie sie sich auch für politisch interessierte
Menschen weiter öffnet, die nicht ohne Weiteres bereit sind, gleich
einen Aufnahmeantrag zu unterschreiben. Diese Herausforderung zu
meistern, ist die vielleicht wichtigste Aufgabe, die sie im Osten
derzeit hat. Denn das bei den Grünen zugespitzte Problem der
unzureichenden Mitgliederentwicklung treibt ja auch alle anderen
Parteien um. Und angesichts der weitverbreiteten
Parteiverdrossenheit, die wiederum gepaart ist mit der Bereitschaft
zum Engagement im Protest, hat die Entwicklung in den demokratischen
Parteien auch erhebliche Auswirkungen auf das demokratische Leben
insgesamt. Insofern wäre es wünschenswert, dass auch der mit stolz
geschwellter Brust agierenden Bundesspitze weiterhin klar bleibt,
welch gewaltigen zusätzlichen Anstrengungen in den neuen
Bundesländern weiterhin auf sie warten.
Originaltext: Lausitzer Rundschau
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